Die Nachtzüge sind gut ausgelastet. Das bestätigt inzwischen selbst die Deutsche Bahn AG (DB). Und doch streicht sie die Nachtzugangebote immer weiter zusammen. Alleine im Dezember 2014 fielen 6 von 17 Verbindungen weg. Verfügte die DB um die Jahrtausendwende noch über rund 600 Schlaf- und Liegewagen, sind es aktuell gerade noch um die 200. Und die neueren Doppelstock-Liegewagen dienen seit kurzem nur noch als Reserve. Im Rahmen einer Anhörung hat sich der Bundestags-Verkehrsausschuss heute mit der Zukunft des Nachtreisezugverkehrs beschäftigt. Ich habe dabei deutlich gemacht, dass die Personen-Nachtzüge für mehrere Zielgruppen gegenwärtig ein interessantes Angebot darstellen – und auch künftig darstellen können, wenn die DB und andere Bahnunternehmen es wollen und die Politik diese darin unterstützen. Zu den Zielgruppen gehören Familien, Städtereisende, Urlaubsreisende (auch mit Fahrrad und Ski) sowie Geschäftsreisende, die sich alle eine Übernachtung im Hotel sparen und zu meist attraktiven Tageszeiten am Zielort ankommen. In den letzten Monaten hat uns als politisch Verantwortliche sehr viel Post von Menschen erreicht, die den Erhalt der Nachtzüge fordern. Auch dies belegt, dass das grundsätzliche Interesse an dieser Art des Reisens vorhanden ist. „Viele Fahrzeuge erreichen in der nächsten Zeit ihre maximale Lebensdauer“. So schrieb die DB in ihrem Bericht für die Anhörung im Bundestags-Ausschuss. Anders ausgedrückt: Ohne Investitionen in den Bestand oder die Neuanschaffung von Zügen hat der Nachtzug keine Zukunft. Auf meine Frage, wann die DB gedenkt, wieder in Nachtzugmaterial zu investieren, antwortete Ulrich Homburg, Vorstand Personenverkehr der DB AG sinngemäß, dass erst einmal ein wirtschaftlich aussichtsreiches Gesamtkonzept für den Nachtverkehr erkennbar sein müsse. Nach Ansicht des Diplom-Verkehrswissenschaftlers Jakob Kunze, der im Auftrag der Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eine Studie zur Zukunft des Nachtzugverkehrs erstellt hat, sind die Trassenpreise ein entscheidender Faktor. Die „Schienenmaut“ macht etwa 20–30 Prozent der Gesamtkosten im Bahnverkehr aus. Bis 2017 soll ein neues Trassenpreissystem in Kraft treten. Nach dem, was von den Überlegungen hierzu bisher bekannt geworden ist, sollen die Trassenpreise für die Nachtstunden sinken. Dies käme dem Nachtzugverkehr sehr entgegen. Doch der DB-Vertreter bremste auf meine Nachfrage die Hoffnung. Das sei gegenwärtig reine Spekulation. Noch sei völlig unklar, wie das neue Trassenpreissystem aussehe. Zum Thema „Trassenpreise“ werde ich demnächst ein Fachgespräch durchführen. Denn diese werden in der Fachwelt häufig als die zentrale Stellschraube für mehr oder weniger Bahnverkehr – gleich ob tagsüber oder nachts – betrachtet. Ein weiterer Aspekt, den ich zur Sprache brachte, ist der Vertrieb. Die Fahrgäste erwarten verschiedene, aber einfache Wege, um ein Ticket zu lösen. Immer wieder kommt es vor, dass freie Kapazitäten vorhanden sind, der Zug aber als ausgebucht angezeigt wird. Auf meine Kritik daran erklärte die DB, das habe mit den Kontingenten zu tun, die für ausländische Partnerbahnen vorgehalten werden. Diese würden dann häufig nicht abgerufen, jedoch auch nicht frei gegeben werden. Meine Frage, weshalb einige Nachtzugverbindungen anderer Anbieter von der DB seit einigen Wochen nicht mehr angeboten werden, konnte in der Anhörung seitens der DB nicht beantwortet werden.
Was ist für die Zukunft des Personen-Nachtreisezugverkehrs nötig?
1. Seitens der DB
Investitionen in Wagenmaterial (Neukauf oder Renovierung)
Neues Trassenpreissystem
Besseres Marketing und vereinfachter Vertrieb
Besserer Service (u. a. gastronomische Versorgung an Bord)
Neue Verbindungen, auch ins Ausland
Prüfung von neuen Verbindungen im Hochgeschwindigkeitsbereich
Höhere Auslastung der Züge durch Umorganisation (z. B. bessere Verknüpfung mit Tageszugverkehr in den Tagesrandzeiten; erleichterte Freigabe von Nachtreiseplätzen für Berufspendler)
2. Seitens der Politik für mehr Wettbewerbsgerechtigkeit
Angleichung des Mehrwertsteuersatzes auf Bahntickets und Flugtickets im grenzüberschreitenden Verkehr
Voller Einbezug des Flugverkehrs in den Emissionshandel
Keine weitere Benachteiligung der Schienenbahn bei der EEG-Umlage
Einführung einer Busmaut
Harmonisierung der Fahrgastrechte
Vermutlich am 28. Januar werden die Nachtzüge Thema im Verkehrsausschuss sein. Dies stellt eine weitere Gelegenheit dar, über die Erwartungen an das Bundesunternehmen Deutsche Bahn und die politischen Handlungsnotwendigkeiten zu diskutieren.