An einem Wochenende Mitte März besuchte ich den 20. Bundesweiten Verkehrs- und Umweltkongress (BUVKO), der diesmal in Erfurt stattfand. Rund 300 umwelt- und verkehrspolitisch Interessierte tauschten sich über Fuß- und Radverkehr, ÖPNV, Elektromobilität und die Vernetzung all dieser Verkehrsarten aus. Ich nahm an einer Exkursion „ICE-Baustelle Erfurt“ teil.
Es ging um die Neu- und Ausbaustrecke Berlin-München (über Leipzig/Halle, Erfurt, Fürth). Diese wiederum ist Teilstück der Achse (Berlin-Verona-Palermo der Transeuropäischen Netze. Erfurt bildet ein wichtiges Zentrum des deutschen Eisenbahnnetzes, da sich hier die Aus- und Neubaustrecke Nürnberg-Berlin mit den Eisenbahnverbindungen aus Frankfurt/Main und dem Ruhrgebiet via Kassel in Richtung Dresden bzw. Gera/Chemnitz kreuzen. Der Hauptbahnhof Erfurt wurde vor einigen Jahren grundlegend umgebaut und in seiner Leistungsfähigkeit gestärkt. Die Teilstrecke Erfurt-Leipzig/Halle ist fertig gestellt und soll im Dezember 2015 für den planmäßigen Personenverkehr in Betrieb genommen werden. Die seit 1996 in Bau befindliche Teilstrecke Nürnberg-Erfurt besteht aus einer Ausbaustrecke zwischen Nürnberg und Ebensfeld und einer Neubaustrecke zwischen Ebensfeld und Erfurt. Sie soll zum Fahrplanwechsel im Dezember 2017 in Betrieb gehen. Ab dann soll sich die Reisezeit von München nach Berlin, die Anfang der 1990er Jahre bei über sieben Stunden lag und heute sechs Stunden liegt weiter auf vier Stunden verkürzen. Die DB verspricht sich von dem im Jahr 1991 von der damaligen Bundesregierung beschlossenen Projekt vor allem auch die Gewinnung bisheriger Fluggäste. Von den 107 Streckenkilometern der Neubaustrecke verlaufen 41 km in insgesamt 22 Tunneln sowie 12,3 km auf 29 Talbrücken. Die Strecke soll von Hochgeschwindigkeitsverkehr (ICE mit bis zu 300 km/h) und Güterzügen im Mischbetrieb genutzt werden. Das Projekt ist unter anderem aufgrund hoher Kosten von 10 Milliarden Euro für das Gesamtprojekt, seinem verkehrlichen Nutzen sowie weitreichenden ökologischen Eingriffen umstritten. Die Kosten-Nutzen-Kalkulation für die Strecke Berlin-München insgesamt ist höchst fragwürdig. Bei der Planung der Strecke wurde davon ausgegangen, dass der Nutzen die Kosten um den Faktor 3,5 übersteigt. Es wurde damals aber von einer schön gerechneten Verkehrsprognose ausgegangen, weil man von großen Mengen an Güterverkehr ausgegangen ist. Dies wird aufgrund der Steigungen nicht eintreffen. Dazu kommt, dass für die Nachfrage relevante Städte abgekoppelt wurden (z. B. Jena, Saalfeld, Naumburg), so dass nach Aussagen eines unabhängigen Gutachters der Kosten-Nutzen-Faktor vermutlich nur bei 0,1 liegen wird. Wichtig in diesem Zusammenhang ist auch, dass teure Strecken später auch hohe Kosten verursachen (Instandhaltung/Wartung Tunnel, Brücken etc.). Über all diese Aspekte diskutierten die BUVKO-Teilnehmer in der Baustellen-Ausstellung im Erfurter Hauptbahnhof kontrovers mit dem DB-Vertreter.