Corona-Krise und der Transportsektor

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18.03.2020

Neues von Güterverkehr, Logistik und Bahn

Unse­re Welt­ge­mein­schaft erlebt in die­sen Tagen eine Aus­nah­me­la­ge, wie wir sie zumin­dest als west­li­che Wohl­stands­ge­sell­schaf­ten wohl seit Ende des Zwei­ten Welt­krie­ges nicht mehr erlebt haben. Der Aus­bruch und die inzwi­schen welt­wei­te Ver­brei­tung des Coro­na-Virus Sars-CoV‑2 und die rasan­te Infek­ti­ons­ge­schwin­dig­keit des Virus, über des­sen Ent­ste­hung, Über­tra­gungs­we­ge und Wir­kungs­wei­se bis heu­te nur sehr über­schau­ba­re Erkennt­nis­se vor­lie­gen, erfor­dert von uns auf allen Ebe­nen ent­schlos­se­ne Schrit­te, um zumin­dest die Aus­brei­tung des Virus abzu­brem­sen und eine nicht zu bewäl­ti­gen­de Wel­le an Covid-19-Schwer­erkrank­ten, ins­be­son­de­re von älte­ren Men­schen, wie in Chi­na, im Iran und in Nord­ita­li­en noch abzu­wen­den.

Ent­schei­dend ist jetzt, die wei­te­re Aus­brei­tung des Virus im der­zei­ti­gen „Hot­spot“ Euro­pa ähn­lich einer Expo­nen­ti­al­funk­ti­on in schnel­ler Zeit ein­zu­däm­men. Es ist jede und jeder in unse­rer Gesell­schaft gefragt, Ruhe zu bewah­ren, so weit wie mög­lich zu Hau­se zu blei­ben und den direk­ten per­sön­li­chen Akti­ons­ra­di­us her­un­ter­zu­fah­ren, um Infek­ti­ons­ket­ten zu unter­bre­chen. Hams­ter­käu­fe sind dage­gen kon­tra­pro­duk­tiv, denn die Lie­fer­ket­ten in der natio­na­len und inter­na­tio­na­len Logis­tik sind weit­ge­hend intakt.

Die grenz­über­schrei­ten­den Lie­fer­ket­ten sind zwar gestört, aber nicht unter­bro­chen. Wich­tig ist, ins­be­son­de­re zen­tra­le, lebens­not­wen­di­ge Güter an ihre Ziel­or­te zu brin­gen. Das­sel­be gilt für den Per­so­nen­ver­kehr auf der Schie­ne, des­sen Sys­tem­re­le­vanz in die­ser Kri­se deut­li­cher als in nor­ma­len Zei­ten zuta­ge tritt. Im Fol­gen­den eine aktu­el­le Über­sicht über die Bedeu­tung der Coro­na-Kri­se auf Logis­tik und Per­so­nen­ver­kehr auf der Schie­ne.

Güter­ver­kehr und Logis­tik

Um die lau­fen­de Ver­sor­gung zu gewähr­leis­ten, unter­stüt­zen wir als Grü­ne not­wen­di­ge Abwei­chun­gen von Rege­lun­gen, die wir in „nor­ma­len Zei­ten“ aus guten Grün­den ableh­nen. Dar­un­ter fal­len die zeit­lich befris­te­te Auf­he­bung des Sonn­tags­fahr­ver­bots für Lkw und Maß­nah­men wie die Erhö­hung der zuläs­si­gen täg­li­chen Arbeits­zeit für Lkw-Fah­rer. Ände­run­gen die­ser Art müs­sen auf die Zeit der Coro­na-Kri­se beschränkt blei­ben. Es ist klar, dass in die­sen Tagen gut gefüll­te Rega­le in den Lebens­mit­tel­märk­ten und die Belie­fe­rung von Kli­ni­ken, Pra­xen und Apo­the­ken obers­te Prio­ri­tät haben.

Im Schie­nen­gü­ter­ver­kehr muss sicher­ge­stellt wer­den, dass Trieb­fahr­zeug­füh­rer auch mit öffent­li­chen Ver­kehrs­mit­teln und mit dem Auto über die Gren­zen kom­men, um die Züge zu errei­chen, die sie fah­ren sol­len (an den Staats­gren­zen muss häu­fig das Per­so­nal gewech­selt wer­den). In die­sem Zusam­men­hang ist auch wich­tig, dass aus­rei­chend Hotel­ka­pa­zi­tä­ten offen gehal­ten wer­den, damit Lok­füh­rer aus­wärts über­nach­ten kön­nen. Wie bei den Lkw-Fah­rern kann auch bei den Lok­füh­rern die Regeln für die maxi­ma­le Arbeits­zeit für die Dau­er der Coro­na-Kri­se ange­passt wer­den. Des Wei­te­ren soll­ten betrieb­li­che Vor­schrif­ten wie bei­spiels­wei­se die zur Stre­cken- und Bau­rei­hen­kennt­nis gelo­ckert wer­den, sofern die Sicher­heit im Schie­nen­ver­kehr nicht beein­träch­tigt wird. Sehr zu hof­fen bleibt, dass nicht gan­ze Stell­wer­ke aus­fal­len, weil die vor Ort ein­setz­te Beleg­schaft in Qua­ran­tä­ne geschickt wer­den muss.

Für Per­so­nal in der gesam­ten Logis­tik- und Bahn­bran­che gilt, dass die­ses in einer „kri­ti­schen Infra­struk­tur“ arbei­tet. Wir Grü­ne set­zen daher auf ver­nünf­ti­ge Lösun­gen durch die Län­der und Kom­mu­nen, was die Not­be­treu­ung in den Kin­der­ta­ges­stät­ten und Schu­len angeht. Es soll­te daher von den Län­dern die Mög­lich­keit einer Not­be­treu­ung für Kin­der von Eltern in der Logis­tik- und Bahn­bran­che geschaf­fen wer­den.

Per­so­nen­ver­kehr der Bahn

Dass Ange­bo­te ange­sichts des Nach­fra­ge­rück­gangs und krank gemel­de­ter Bahn-Beschäf­tig­ter aus­ge­dünnt wird, ist nach­voll­zieh­bar. Es soll­te jedoch dar­auf geach­tet wer­den, dass auch Beschäf­tig­te ver­schie­dens­ter Bran­chen ihre Arbeits­plät­ze errei­chen kön­nen – und das auch im Schicht­dienst. Bei den Über­le­gun­gen ein­zel­ner Län­der, den Regio­nal­ver­kehr wegen der rela­tiv ein­fa­chen Umsetz­bar­keit auf den Sonn­tags­fahr­plan umzu­stel­len, sind die Ange­bo­te in Tages­rand­zei­ten zu beden­ken. Früh- und Spät­fahr­ten soll­ten wei­ter statt­fin­den, um Men­schen im Schicht­dienst die Fahrt zur Arbeits­stät­te und zurück zu gewähr­leis­ten.

Da ab heu­te kei­ne Fern­bus­se mehr fah­ren und Air­lines ihre Ange­bo­te mas­siv ein­schrän­ken, ist die Schie­ne ins­be­son­de­re im bun­des­wei­ten Ver­kehr eine kri­ti­sche Infra­struk­tur – auch im Fern­ver­kehr. Es ist daher sehr zu begrü­ßen, dass sich DB Fern­ver­kehr als Dienst­leis­ter einer sys­tem­re­le­van­ten Mobi­li­tät ver­steht und bei allen mög­li­chen Ein­schrän­kun­gen auf ein geord­ne­tes Ver­fah­ren zur mög­li­chen Auf­recht­erhal­tung des Ange­bo­tes ver­stän­digt. Damit über­nimmt die Deut­sche Bahn eine Ver­ant­wor­tung in der Kri­sen­zeit wahr, die der­zeit weit über die eige­ne unter­neh­me­ri­sche Ver­ant­wor­tung hin­aus­geht.

Abschlie­ßend wei­se ich dar­auf hin, dass alle Infor­ma­tio­nen und Ein­schät­zun­gen eine Moment­auf­nah­me (Stand: Mitt­woch, 18. März 2020) dar­stel­len.