02.05.2020
Hinweis: Der nachfolgende Text ist meinem Post auf Facebook entnommen und stellt die Reaktion auf ein heute in der Esslinger Zeitung erschienenen Interview des Initiators von Demonstrationen gegen die coronabedingten Beschränkungen dar.
Das Recht auf Versammlungsfreiheit ist ein hohes Gut. Daher ist es gut und richtig, dass Demonstrationen auch trotz der Beschränkungen während der Coronakrise – unter besonderen Auflagen – stattfinden dürfen. Dies gilt selbstverständlich auch für Demonstrationen, die sich gegen die derzeitigen Beschränkungen richten.
Einige Botschaften und Ziele sind jedoch mehr als fragwürdig und können nicht unwidersprochen bleiben. So behauptet der Initiator der Stuttgarter Demos im Interview beispielsweise, man dürfe derzeit das Haus gar nicht verlassen und man dürfe auch seine Großeltern nicht besuchen. Beides ist falsch. Er spricht auch davon, zu „Kundgebungen gegen den Staat“ aufzurufen. Was für einen Staat will er denn? Will er einen Staat, in dem die Freiheit des Einzelnen über alles gestellt wird und der Schutz vor den Bedrohungen vieler Menschen durch einen Virus keinen Wert darstellt? Dass Rechtsgüter abgewogen werden müssen und dies in dieser Zeit ein besonders schwieriges Unterfangen ist sollte anerkannt werden. Eine solche Abwägung kann ich bei ihm und manch anderen Bürger*innen, von denen nicht nur ich gerade viele Zuschriften bekomme, manchmal nicht erkennen. Zu argumentieren, es habe bislang ja nur etwas mehr als 6.000 Tote in Deutschland gegeben, halte ich für zynisch. Vielleicht blieb uns das deutlich härtere Schicksal von Italien, Spanien und Belgien ja vielleicht nur deshalb erspart, weil wir hierzulande rechtzeitig und konsequent reagiert haben?
Ich bin sehr froh, dass es in dieser schwierigen Zeit einen politischen Grundkonsens unter Demokratinnen und Demokraten gibt: Der Gesundheitsschutz hat Vorrang. Die Maßnahmen müssen jedoch immer wieder auf ihre Wirksamkeit und Angemessenheit überprüft werden. Das wird gemacht. Im Detail kann und muss man streiten, ob Lockerungen zu schnell oder zu zaghaft kommen. Ich persönlich halte schon seit einiger Zeit etwas weitergehende Lockerungen, so bei der Öffnung von Spielplätzen, Kitas und der Gastronomie, für sinnvoll und vertretbar.
Bei allen Meinungsunterschieden bei einzelnen Fragen bin ich froh, wie die Dinge in Deutschland laufen: Die Maßnahmen sind alle demokratisch und rechtstaatlich legitimiert. Anders als beispielsweise in Ungarn wird die Krise nicht genutzt, um einzelnen Personen oder Institutionen unseres Staates mehr Macht zu verleihen. Alle Einschränkungen werden wieder zurückgenommen, sobald es die Lage erlaubt.