Der Bahnknoten Ulm im Kontext von S 21 und Deutschlandtakt

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16.12.2020

Auch Südbahn und NBS Wendlingen-Ulm im Fokus

Wie ent­wi­ckelt sich der Bahn­kno­ten Ulm mit Stutt­gart 21 und den Plä­nen für den Deutsch­land­takt? Die­sen Fra­gen gin­gen die Bun­des­tags-Grü­nen in einer Anfra­ge nach.

Der Deutsch­land­takt soll für bes­ser abge­stimm­te Bahn­an­schlüs­se und kür­ze­re Rei­se­zei­ten sor­gen. Dafür sind vie­ler­orts Anpas­sun­gen an der Infra­struk­tur erfor­der­lich. Wel­che Vor­aus­set­zun­gen schafft das Bahn­pro­jekt Stutt­gart – Ulm für den Ulmer Bahn­kno­ten? 41 Fra­gen an die Bun­des­re­gie­rung soll­ten hier­über Auf­schluss geben. Mit den Ant­wor­ten kön­nen wir lei­der über­wie­gend nicht zufrie­den sein. So behaup­tet das Bun­des­ver­kehrs­mi­nis­te­ri­um bei­spiels­wei­se, es wür­den sich „in der Regel gute Rich­tungs­an­schlüs­se“ erge­ben. Ein Blick in den Ziel­fahr­plan für den Deutsch­land­takt weist aber in meh­re­ren Rela­tio­nen ungüns­tig lan­ge Umstei­ge­zei­ten auf. Wer in Ulm bei­spiels­wei­se zwi­schen Sig­ma­rin­gen und Mün­chen umstei­gen möch­te, muss 23 Minu­ten auf den Anschluss war­ten. Ungüns­tig stellt sich die Umstei­ge­si­tua­ti­on auch für Rei­sen­de aus oder nach Wei­ßen­horn dar. Sie müs­sen, wenn sie nach Stutt­gart oder Mün­chen wol­len oder von dort kom­men, in Ulm bis zu 18 Minu­ten war­ten. Auch zwi­schen Kemp­ten und Stutt­gart gestal­tet sich der Umstieg nicht ide­al. Das, was sich für Ulm abzeich­net, ist lei­der kein ide­al­ty­pi­scher Takt­kno­ten, son­dern ein Deutsch­land­takt mit qua­li­ta­ti­ven Abstri­chen.  Erstaun­lich ist, dass dem zukünf­ti­gen Fahr­plan für die Zeit ab dem Jahr 2030 der Ein­satz von Die­sel­zü­gen unter­stellt wird. Bis­he­ri­ge Die­sel­stre­cken sind für eine Elek­tri­fi­zie­rung vor­ge­se­hen, die Süd­bahn wird gera­de mit Ober­lei­tung ver­se­hen.

Wie sieht es mit der Kapa­zi­tät im Ulmer Bahn­hof aus? Auch das woll­ten wir Grü­nen ins­be­son­de­re vor dem Hin­ter­grund wis­sen, dass in frü­he­ren Jah­ren mal über einen zusätz­li­chen Bahn­steig nach­ge­dacht wor­den war. Die Aus­sa­ge des Bun­des, dass es rund 30 Dop­pel­be­le­gun­gen – bei der zwei Züge auf einem Gleis hal­ten sol­len – pro Tag geben soll, ist ein Hin­weis, dass die Kapa­zi­tä­ten fast voll­stän­dig in Anspruch genom­men wer­den. Dies ist, so unse­re Ein­schät­zung, viel­leicht vor­läu­fig noch hin­nehm­bar. Optio­nal muss ein zusätz­li­cher, dann fünf­ter Bahn­steig, im Blick behal­ten wer­den, um auch Kapa­zi­tä­ten für zukünf­ti­ge Ver­keh­re wie bei­spiels­wei­se für die S‑Bahn Donau-Iller zu schaf­fen.

Nicht mehr um eine Opti­on, son­dern um ein kon­kre­tes Vor­ha­ben han­delt es sich bei der Moder­ni­sie­rung des Emp­fangs­ge­bäu­des. Von einem Neu­bau der Bahn­hofs­hal­le, wie er ein­mal ange­dacht gewe­sen ist, ist die Deut­sche Bahn aus Kos­ten­grün­den abge­rückt („wirt­schaft­lich nicht trag­fä­hig“). Statt 167 Mil­lio­nen Euro in ein neu­es Gebäu­de und einen Neu­bau der Per­so­nen­un­ter­füh­rung zu inves­tie­ren (Preis­stand 2013), soll nun das Bestands­ge­bäu­de in meh­re­ren Abschnit­ten für 15 Mil­lio­nen Euro saniert wer­den. 2021 soll es los­ge­hen, 2024 soll das Bau­vor­ha­ben abge­schlos­sen sein. Wir erwar­ten von der Deut­schen Bahn, dass sie über ihr Vor­ha­ben die Öffent­lich­keit offen­si­ver infor­miert.

Hat­ten die Grü­nen mit ihren Fra­gen über­wie­gend die Zukunft des Bahn­kno­tens im Blick, so schau­ten sie in Sachen Pünkt­lich­keit der Züge ein­mal auch zurück. Die Ant­wort war erschre­ckend. Nur 72,6 Pro­zent der Fern- und 87,9 Pro­zent der Regio­nal­zü­ge gal­ten im ver­gan­ge­nen Jahr als pünkt­lich. Im Ver­gleich zu den bun­des­wei­ten Pünkt­lich­keits­wer­ten lag Ulm um 3,3 (Fern­ver­kehr) bzw. sogar 6,4 Pro­zent­punk­te (Regio­nal­ver­kehr) zurück.

Die Bun­des­re­gie­rung kün­dig­te für die Zukunft eine „gute Qua­li­tät“ an. Die ist bei der Bemes­sung der Pünkt­lich­keit ein fest defi­nier­ter Begriff, der jedoch kei­ne aus­rei­chend gute Pünkt­lich­keit ver­spricht. Hier bräuch­te es eine soge­nann­te „opti­ma­le Qua­li­tät“.

Süd­bahn

Die Süd­bahn (Ulm – Fried­richs­ha­fen, wei­ter nach Lin­dau) wird der­zeit elek­tri­fi­ziert. Die Inbe­trieb­nah­me ist mit dem Fahr­plan­wech­sel im Dezem­ber 2021 vor­ge­se­hen. Wie die Bun­des­re­gie­rung in ihrer Ant­wort an die Grü­nen im Bun­des­tag mit­teil­te, sind die Kos­ten gestie­gen. Eine Sum­me kön­ne der­zeit wegen noch aus­ste­hen­der Ver­ga­ben noch nicht genannt wer­den. Auf unse­re Kri­tik stößt, dass auch per­spek­ti­visch kein regel­mä­ßi­ges Fern­ver­kehrs­an­ge­bot auf der Süd­bahn vor­ge­se­hen ist. Wir wol­len, dass Groß­städ­te und Ober­zen­tren, wie Fried­richs­ha­fen gemein­sam mit Ravens­burg eines dar­stellt, min­des­tens ein zwei­stünd­li­ches Fern­ver­kehrs­an­ge­bot bekommt. Die Süd­bahn wird genau für sol­che Ange­bo­te aus­ge­baut. Im Regio­nal­ver­kehr bringt der Aus­bau eine Zeit­er­spar­nis zwi­schen Ulm und Fried­richs­ha­fen von gera­de ein­mal fünf Minu­ten, schrieb die Bun­des­re­gie­rung in ihrer Ant­wort.

Vor­zei­ti­ge Inbe­trieb­nah­me NBS Wend­lin­gen – Ulm

Die Neu­bau­stre­cke Wend­lin­gen – Ulm soll Ende des Jah­res 2022 in Betrieb gehen. Ab die­sem Zeit­punkt wird dann auch der neue Regio­nal­bahn­hof in Mer­k­lin­gen bedient. Doch solan­ge „Stutt­gart 21“ mit dem Tief­bahn­hof und der Stre­cke zwi­schen Stutt­gart und Wend­lin­gen nicht in Betrieb ist, kann die Neu­bau­stre­cke zwi­schen Wend­lin­gen und dem Alb­auf­stieg auf einer Län­ge von mehr als acht Kilo­me­ter nur ein­glei­sig genutzt wer­den. Dies schränkt die Leis­tungs­fä­hig­keit der Stre­cke für einen Zeit­raum von min­des­tens drei Jah­ren erheb­lich ein. Die Grü­nen woll­ten daher wis­sen, wie vie­le Züge die neue Stre­cke unter die­sen Bedin­gun­gen nut­zen kön­nen und wel­che dies sein könn­ten. Die Bun­des­re­gie­rung ant­wor­te­te, dass 3,5 Züge pro Stun­de (in Sum­me bei­der Rich­tun­gen) die Neu­bau­stre­cke befah­ren könn­ten. Ein Fahr­plan lie­ge noch nicht vor. Man gehe jedoch von zwei ICE-Lini­en aus, die jeweils alle zwei Stun­den fah­ren sol­len. Dabei han­delt es sich um die Lini­en zwi­schen Mün­chen und Ber­lin sowie zwi­schen Mün­chen und Karls­ru­he. Hin­zu kommt ein stünd­li­cher Regio­nal­zug, der in Mer­k­lin­gen einen Halt ein­le­gen soll.