Gespräch mit Fraktionschef Schwarz über den Koalitionsvertrag
In einer öffentlichen Videoveranstaltung sprach ich mit Andreas Schwarz, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Landtag von Baden-Württemberg, über die neue Koalition mit der CDU. Das Publikum beteiligte sich mit vielen Fragen. Im Mittelpunkt stand die Bildungs- und die Klimaschutzpolitik. Hier gebe ich kurz einige Inhalte wieder.
Allgemein
Eingangs stellte ich die Frage, weshalb wir eigentlich wieder mit der CDU koalieren sollen und woher die Hoffnung kommt, dass die Zusammenarbeit diesmal besser und die Vereinbarungen verbindlicher werden. Andreas Schwarz verwies auf „gute Inhalte und klare Festlegungen im Koalitionsvertrag. Der Klimaschutz stelle das zentrale Thema dar und die CDU habe Forderungen der Grünen aufgegriffen. Das grüne Klimaschutzsofortprogramm aus dem Wahlprogramm könne mit der CDU 1:1 umgesetzt werden. Die CDU wolle mit ihrer starken kommunalen Basis mit dazu beitragen, dass der Koalitionsvertrag umgesetzt werden kann.
Im Koalitionsvertrag steht zur neuen Zusammenarbeit zwischen beiden Parteien: „Wir werden nicht nur das Land, sondern auch unser Bündnis erneuern. Es geht um einen echten Neuanfang. (…) Unser gemeinsamer Neuanfang zeigt sich auch im Umgang der Bündnispartner miteinander.“
Bildung
Meine erste Frage bezog sich auf ein vorgesehenes umfangreiches Förderprogramm („Lernbrücken“), um coronabedingte Wissenslücken bei Schüler*innen zu schließen. Andreas Schwarz erklärte, dass diese Zusatzangebote durch Lehrkräfte, unterstützt durch Referendare und Lehramtsstudierende – ggf. auch in den Ferien – umgesetzt werden soll. Wichtig sei auch, die Digitalisierung der Schulen voran zu treiben.
Angesprochen auf die Vertragsaussage, es sollten verstärkt die Grundschulen bildungspolitisch in den Fokus rücken, sagte der Fraktionschef, „auf den Anfang kommt es an“. Es gehe um multiprofessionelle Teams in den Grundschulen, Inklusion und auch Schulsozialarbeit.
Klimaschutz
Der Klimaschutz steht im Koalitionsvertrag ganz vorne. Andreas Schwarz hob hervor, dass dieser in alle Themenfelder hineinspiele und überall berücksichtigt werden würde. Man werde alle Hebel in Bewegung setzen, um – orientiert am 1,5‑Grad-Ziel – bis 2040 klimaneutral werden.
Energie
Andreas Schwarz führte eine ganze Reihe von Vorhaben auf (hier seien nur einige genannt): Solarpflicht auf Neubauten, Ausweisung von Windkraftgebieten in Regionalplänen und alle Förderprogramme des Landes würden auf ihre Klimawirkung hinterfragt werden.
Verkehr
Eine der größten Projekte sei, so Andreas Schwarz, die Mobilitätsgarantie. Jeder Ort im ländlichen Raum solle mindestens einen Stundentakt und jede Stadt mindestens einen Halbstundentakt des öffentlichen Nahverkehrs bekommen. Kommunen könnten mit einer Nahverkehrsabgabe zur Finanzierung beitragen. Man setze aber auch auf den Rad- und Fußverkehr und den Ausbau der Ladeinfrastruktur für E‑Autos. Stuttgart 21 soll eine Nahverkehrs-Ergänzungsstation bekommen. Damit soll der Bahnknoten, nachdem die Wendlinger Kurve vergrößert und im Nordzulauf zusätzliche Gleise gelegt werden, die Kapazität auch am Hauptbahnhof vergrößert werden. Ausführlichere Infos zum Verkehrs-Kapitel im Koalitionsvertrag habe ich hier zusammengestellt: https://www.matthias-gastel.de/zukuenftige-verkehrspolitik-unter-gruen-schwarz/
Wirtschaft
Eine riesige Aufgabe, die vieles bei Herstellern, Zulieferern und benötigten Qualifikationen bei den Beschäftigten verändern wird, sei die Transformation der Automobilwirtschaft. Schwarz hob den Zu nennen ist der „Strategiedialog“ des Landes mit Automobilwirtschaft hervor. Man wolle damit den Automobilstandort erhalten und stärken, die Unternehmen in ihren Weiterbildungsstrategien stützen und Forschung & Entwicklung gezielter an den Bedarfen ausrichten. Das Land will sich auch als Standort der Gesundheitswirtschaft weiter entwickeln. Hierbei gehe es um die Universitätsmedizin, gute Versorgungsstrukturen und den Bereich der Medizintechnik.
Finanzierungsvorbehalt
Viele Maßnahmen kosten Geld und stehen unter Finanzierungsvorbehalt. Am Beispiel des Klimaschutzes führte Andreas Schwarz aus, dass dieser auch in finanziell klammer gewordenen Zeiten nicht zu kurz kommen würde. Der eine Teil bestehe aus Förderprogrammen, der andere aus regulatorischen Vorgaben wie der Solarpflicht auf Neubauten. „Wir werden beides machen“, gab sich Andreas Schwarz zuversichtlich.