15.11.2017
Besuch in der Werkstätte für Menchen mit Behinderung in Calw
Das in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung gebaute Lastenfahrrad „XCYC Pickup“ wurde mit einem Design-Preis ausgezeichnet. Grund für mich, die Werkstatt in Calw (Schwarzwald) zu besuchen.
Keine Frage, das Lastenrad mit seinen drei Rädern und den massiven Reifen fällt auf. Und der Coolness-Faktor lässt sich ebenfalls nicht bestreiten. Das Lastenrad “XCYC Pickup” wurde kürzlich mit dem Design-Preis “German Design Award 2017” ausgezeichnet. Produziert wird es in den “Gemeinnützigen Werkstätten und Wohnstätten GmbH” (GWW). Diese haben ihren Hauptsitz in Gärtingen (Landkreis Böblingen), produziert werden die Fahrräder in Calw. Gemeinsam mit zwei Orts-Grünen habe ich mir die Einrichtung ausführlich vorstellen lassen und mir bei einem Rundgang die Werkstatt zeigen lassen. Sie ist eine von acht Werkstätten des Trägers. 1.300 Menschen mit Behinderung finden hier Arbeit. Hergestellt werden hochwertige Festzeltgarnituren und Gastromöbel, Paletten, Holzkisten, Verpackungs-Füllkissen aus Altpapier, Brennholz, Kfz-Schilder für die Zulassungsstellen der Landratsämter – und einiges mehr. Die Werkstatt ist Zulieferer vieler namhafter Firmen wie Bosch. Zu den GWW, einer diakonischen Einrichtung, gehören unter anderem auch Wohnheime und Berufsbildungsbereiche, in denen Menschen mit Behinderung mittels Schulung und Praktika selbstständig und gezielt zu arbeiten lernen. Die Fachkräfte, die die Menschen mit besonderem Förderbedarf in der Werkstätten und Wohneinrichtungen unterstützen, sind immer schwerer zu finden. Der Aufwand zur Stellenbesetzung mit Arbeitserziehern, Sozialpädagogen und anderen Berufsgruppen, so wird mir berichtet, wird immer größer.
Zurück zu den Fahrrädern: Sie bestehen zu 80 bis 90 Prozent aus Fahrrad- und zu 10 bis 20 Prozent aus Motorrad- oder Quadteilen. Alle sind mit Bosch-Motoren zur Unterstützung ausgestattet. Im Januar 2016 ging es los. Auf der Eurobike 2017 wurden die Entwicklungen im Innen- und Außenbereich der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Fahrradmesse war zugleich der Startpunkt für den Vertrieb. Dass die Fahrzeuge von Menschen mit Handycap gebaut werden wird – dem Inklusions-Gedanken folgend – nicht kommuniziert. Dem Kunden stehen drei Modelle zur Auswahl, die sich durch die Länge des Radstandes, die Größe der Ladefläche und die Reifenstärken unterscheiden. Mal steht mehr der Show-Effekt im Vordergrund und mal der Nutzen. Alle Räder sind belastbar bis insgesamt 250 Kilogramm (zusätzlich zum Eigengewicht von 58 Kilogramm). Standardaufbauten wie Bordwände für mehr Stauraum werden gerade entwickelt. Eine Anhängerkupplung, mit der noch einmal eine viertel Tonne gezogen werden kann, ist möglich und soll auf der Eurobike 2018 vorgestellt werden. Die Hauptzielgruppen werden im gewerblichen und industriellen Bereich gesehen. Es liegen aber auch bereits Bestellungen von kommunalen Bauhöfen vor, die damit beispielsweise Einsätze in der Friedhofspflege planen. Aus bereits 24 Ländern liegen Anfragen vor. Im kommenden Jahr sollen 300 Stück gefertigt werden. Verkauft werden die prämierten Lastenräder über einen Online-Shop und perspektivisch auch über ein Händlernetz.
Klar, dass wir die coolen Räder auch Probe gefahren sind. Und ja, es hat Spaß gemacht!