06.08.2017
Von Nudeln, Bränden, Bienen und vielem mehr
Wieder mal war ich drei Tage zu Fuß unterwegs. Diesmal trugen mich meine Beine durch die Gegend um Kirchheim und bis hinein in meinen Betreuungswahlkreis Göppingen. Einige Etappen legte ich in wechselnder Begleitung, andere alleine zurück.
Der Startpunkt war Kirchheim unter Teck. Bei den Teckwerken, einer Bürgerenergiegenossenschaft in Bürgerhand und von 400 Mitgliedern gestützt, diskutierte ich über die Energiewende. Die Teckwerke haben unter anderem zwei große PV-Anlagen mit einer Leistung von je rund 100 kWp auf Kirchheimer Schulen realisiert. Bemängelt wurde die EEG-Umlage auf Eigenstrom und die „massive Überregulierung“ des Strommarktes.
Ebenfalls in Kirchheim suchte ich auf dem Wochenmarkt das Gespräch mit Marktbeschickern. Wir diskutierten über Direktvermarktung, regionale Produkte und Kundenerwartungen. Einer der Händler meinte, selbst die Wochenmarktkunden würden in ihrer Mehrzahl mehr auf den Preis als auf den ökologischen Fußabdruck der Produkte schauen. Im Grundsatz, und hier waren sich alle einig, liege die Regionalität aber hoch im Kurs.
Dann ging es richtig los mit dem Laufen. Der Weg führte nach Lenningen-Brucken zur Nudelmanufaktur. Ein saniertes altes Bauernhaus dient als Küche und stilvoller Verkaufsraum. Täglich werden 100 Kilogramm ausgefallene Nudeln, so aus Linsenmehl oder mit Basilikumgeschmack, frisch zubereitet. Der Verkauf erfolgt im Laden und per Versand. Ein Teil wird in Bioqualität für Bioland produziert.
In Unterlenningen ging es hochprozentig zu. Denn ich besuchte die Edelbrand-Brennerei Bosch. Überwiegend aus den Früchten der eigenen Streuobst- und Plantagenfrüchte werden verschiedene 30 Brände und ein halbes Dutzend Liköre hergestellt. Der Vertrieb erfolgt über den eigenen Laden, Fachgeschäfte und Gastronomiebetriebe in der Region Stuttgart. Ich durfte in einige Fässer hineinschnuppern und ein Schlückchen des sehr leckeren Quitten-Likörs kosten.
Nun ließ sich der anstrengende Aufstieg auf die Alb nicht mehr länger hinauszögern. In sengender Hitze mussten die Höhenmeter hinauf nach Erkenbrechtsweiler überwunden werden. Dort hatte ich mich auf dem Grillplatz mit Blick auf den Hohenneuffen verabredet. Gekommen waren Ehrenamtliche aus den Bereichen Archäologie/Kultur/Bildung sowie der Flüchtlingshilfe, die von ihrer Arbeit berichteten.
Übernachtet habe ich in Lenningen-Hochwang. Obwohl der Tourismus auf der Schwäbischen Alb boomt, zeigen sich deutliche Schwächen: Es gibt wenig Übernachtungsangebote und Wanderwege sind schlecht bis überhaupt nicht ausgeschildert.
Am Morgen des zweiten Tages ging es wieder hinunter ins Tal. Am Berghang liegt der Sulzburghof – benannt nach der etwas oberhalb auf einem kleinen Bergvorsprung gelegenen Burgruine. Auf dem Hof werden rund 80 Milchkühe gehalten, es wird Grünland gepflegt und Ackerbau betrieben (Mais, Dinkel, Kartoffeln) und in der hofeigenen Bäckerei/Konditorei wird täglich frisch gebacken. Verkauft werden die lokal erzeugten Produkte im eigenen Hofladen, im Laden in Kirchheim/Teck und an die Gastronomie. Ich bin beeindruckt von der Vielfalt des Angebotes und dem Einfallsreichtum der Familie. Wir unterhalten uns über die Umsetzung der FFH-Richtlinie (Flora, Fauna, Habitat) und Finanzierungsunsicherheiten bei der Durchführung von Schulführungen über den Hof.
Der Weg von Unterlenningen zur Burgruine Rauber ist leider nicht ausgeschildert und der Netzempfang nicht gut, so dass ich zurück in den Ort laufen und mir den Weg erklären lassen muss. Vom Höhenrücken auf halbem Wege in Richtung Bissingen an der Teck genieße ich den wunderbaren Ausblick. In Bissingen angekommen, verweile ich ein wenig am Badesee und hänge die Füße ins kühle Nass. Was für eine Bereicherung für den Ort und vor allem die Familien, einen solchen See in zentraler Lage zu haben!
Deutlich trister stellte sich der Weg nach Weilheim an der Teck dar. Aber die Stadt hat wunderschöne Ecken, ein Spaziergang lohnt sich. Ich habe mir den EvoPäd-Parcour angeschaut, eine Art Spielplatz für Klein und Groß, auf dem an verschiedenen Stationen Gleichgewichtsübungen durchgeführt werden können. In einem Restaurant am Flüsschen Lindach habe ich zu Abend gegessen und auch im Ort übernachtet.
Der dritte Tag führte mich hinein in meinen Betreuungswahlkreis Göppingen. Ich kam unter der Autobahn hindurch, vorbei an der Riesenbaustelle für die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm zum Mostbirnen-Lehrpfad in Zell am Aichelberg. Rund 50 Mostbirnensorten wachsen dort und zu jeder Baumsorte gibt es eine kurze Erklärung. Gemeinsam mit Gemeinde- und Regionalrätin Dorothee Praus-Krause ließ ich mich anschließend über den Demeter-Sonnenhof in Bad Boll führen. Der Hof gehört zum benachbarten Kosmetik- und Arzneimittelhersteller Wala. Auf dem Hof werden rund 100 Kühe (mit Hörnern, das ist nach den Demeter-Richtlinien wichtig!) gehalten. Die Schlachtung erfolgt auf dem Hof. Milch kann von den Kunden am Automat in mitgebrachte Flaschen abgefüllt werden. Auf dem Hof gibt es auch eine Käserei und eine Bäckerei. Verkauft werden die Erzeugnisse im Hofladen und an die Akademie Bad Boll, eine sehr bekannte Tagungsstätte. Wala nimmt ebenfalls viele der Erzeugnisse, darunter Heilpflanzen und Kräuter wie Ringelblumen und Wermut, ab. Bei einem kleinen Vesper bekamen wir vom Landwirt die Philosophie von Demeter erklärt.
Den Abschluss fand diese Wanderung bei einer Imkerei mit rund 40 Bienenvölkern in Bad Boll. Unser Thema hier: Ernährung der Bienen in zunehmend von Monokulturen geprägten Agrarlandschaft, die Gesundheit der Bienen und der Schädlingsbefall sowie die Vermarktung von Honig und Wachs.
Nach rund 35 Kilometern zu Fuß und vielen Erlebnissen, Informationen und Gesprächen mit unterschiedlichsten Menschen ging es mit Bus und Bahn wieder nachhause.