Presseerklärung vom 07.11.2015
Gastel bedauert Strafrechtsverschärfung bei Suizidbeihilfe
Am Freitag hatten sich die Mitglieder des Bundestages zwischen vier Gesetzentwürfen zum „assistierten Suizid“ zu entscheiden. Dabei fand sich gleich bei der ersten Abstimmung eine Mehrheit für den Gesetzentwurf „Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung“. Unter „geschäftsmäßig“ wird unter Juristen nicht zwingend eine kommerzielle, wohl aber eine wiederholte Tätigkeit verstanden. Von den vier Bundestagsabgeordneten der beiden Wahlkreise im Landkreis Esslingen hat einzig Matthias Gastel gegen diesen Gesetzentwurf gestimmt. „Denn damit werden Ärzte kriminalisiert, die unheilbar Schwerstkranken auf deren eindeutigen Wunsch das erlösende Medikament bereit stellen“, argumentiert der Abgeordnete. „Patienten in größter Not werden alleine gelassen, wenn sie aufgrund der Rechtsverschärfung erst gar nicht einen Arzt aufsuchen. Und der Arzt, der nicht aufgesucht wird, kann seinen Patienten auch nicht durch ein Beratungsgespräch von seinem Vorhaben abbringen. Ich finde, dass niemand das Recht hat, den Entschluss eines des Lebens überdrüssigen Menschen zu bewerten oder gar zu verurteilen. Es sollten vielmehr alle Wege für Gespräche und Beratungen offen gehalten werden. Ein Verbot der Assistenz würde diese Wege weitgehend verschließen. Denn weshalb sollte eine sterbewillige Person einen Arzt aufsuchen, wenn dieser ihm unter keinen Umständen das ersehnte Medikament bereitstellen darf? Das Beratungsgespräch bietet die Chance, dass sich der Betreffende doch noch anders, nämlich für sein Leben, entscheidet. Ich bin überzeugt davon, dass ein Verzicht auf ein Hilfeverbot damit suizidpräventiv gewirkt hätte.“
Matthias Gastel hatte den Gesetzentwurf „Straffreiheit der Hilfe zur Selbsttötung“ unterstützt. Mit diesem wäre die Rechtslage im Wesentlichen unverändert gelassen worden. Die Hilfe zur Selbsttötung wäre also weiterhin straffrei geblieben. Dem entgegen stehende berufsständische Regelungen der Ärzteschaft wären unwirksam geworden. Ärzte hätten aber, bevor sie die Assistenz leisten, ein Beratungsgespräch führen müssen, bei dem Alternativen zur Selbsttötung hätten besprochen werden müssen. Zwischen dem Beratungsgespräch und der Hilfeleistung zum Suizid war eine Frist von mindestens 14 Tage vorgesehen. Der Gesetzentwurf sah außerdem ein Verbot einer auf fortlaufende Gewinnerzielung ausgerichteten Hilfe zur Selbsttötung vor. „Mit dem nun beschlossenen Verbotsantrag droht Ärzten, die nicht nur einmal den ausdrücklichen Wünschen unheilbar kranker Patienten folgen, Ermittlungsverfahren. Damit werden entscheidungsfähige Menschen nicht ernst genommen. Wer als Schwerstkranker in größter, existenzieller Not ist, braucht Hilfe, die auch die Beihilfe zum Suizid nicht kategorisch ausschließen darf, wenn Beratungsgespräche und die Palliativmedizin den Willen zum Weiterleben nicht wecken konnten“, so Gastel.
Der Entscheidung im Bundestag waren intensive Beratungs- und Diskussionsrunden voraus gegangen. Viele Abgeordnete hatten Gespräche in ihren Wahlkreisen genutzt, um sich eine eigene Meinung zu bilden. Denn einen Fraktionszwang gab es im Bundestag nicht. Matthias Gastel hat seinen Meinungsbildungsprozess betrieben durch die Lektüre von Fachartikeln und zahlreichen Gesprächen mit Bürgerinnen und Bürgern, Hospizhelfern, Fachkräften aus der Palliativversorgung, Beratungsstellen sowie Kirchenvertreterinnen und Kirchenvertretern. Welcher der vier Gesetzentwürfe, die allesamt aus der Mitte des Parlamentes stammten, am Ende die Mehrheit gewinnen würde, war im Vorfeld nicht sicher abzusehen.