09.10.2022
Besuch in Frickenhausener Altenpflegeheim
Es war mal wieder an der Zeit, mich über die aktuellen Themen in der (stationären) Pflege zu informieren: Diesmal war ich im „Haus Steinach“ in Frickenhausen. Getragen wird es vom privaten Unternehmen „BeneVit“ mit Formensitz in Mössingen (Landkreis Tübingen).
Das Unternehmen von Inhaber Kaspar Pfister wurde im Jahr 2004 gegründet. An über 30 Standorten in fünf Bundesländern werden 2.300 Bewohner*innen in Pflegeheimen[1] betreut und gepflegt. Hinzu kommen 800 Menschen in der ambulanten Pflege und der Tagespflege. 2.000 Mitarbeitende werden beschäftigt, darunter 240 Auszubildende.
Das Haus Steinach in Frickenhausen ist, wie mir Hausleiter Jörg Wenzel erläuterte, seit 2014 in Betrieb und verfügt über 56 Betten, aufgeteilt in vier Wohnbereiche. Diese stellen unter Einbeziehung der älteren Menschen ihre eigenen Speisepläne auf und kochen kann gemeinsam in ihren Bereichen. „Wir wissen: Wer gebraucht wird, lebt länger.“ So steht es auf der Homepage des Trägers. Was bedeutet dies in der Praxis wollte ich wissen. Antwort: Alle stehen auf, niemand bleibt im Bett liegen. Die Menschen werden in Entscheidungen und Tätigkeiten eingebunden (sehe oben, aber auch: Wer rüstig genug dafür ist, wird animiert, das Brot für die Wohnbereiche einkaufen zu gehen oder die Büropost zum Briefkasten zu bringen). Das Haus verfügt ausschließlich über Einzelzimmer, wie es die Heimverordnung des Landes vorschreibt. Wie ich es bereits in anderen Häusern vernommen hatte, überzeugt diese Vorgabe auch in Frickenhausen nicht wirklich. Das Risiko von Einsamkeit steige und man könne Paaren kaum gerecht werden, die gemeinsam in zwei Zimmern leben wollen. Die Nachfrage nach Pflegeplätzen sei höher als das Angebot an freien Zimmern.
Der Träger wurde mehrfach als besonders guter Arbeitgeber ausgezeichnet. Was bedeutet dies fürs Haus Steinach angesichts der anhaltend schwierigen Lage auf dem Fachkräftemarkt? In der Pflege gibt es aktuell 1,5 freie Stellen. Doch auch Hauswirtschaftskräfte seien schwierig zu finden, wurde mir berichtet. Durch die Ausbildung im Haus versucht man sich selber zu helfen. Momentan seien sieben Menschen in der Pflegeausbildung und einer in der Hauswirtschaft. Die generealisierte Pflegeausbildung wird kritisch gesehen. Die Anforderungen an die Ausbildung seien gestiegen, manche würden dadurch abgehalten werden, sich darauf einzulassen. Nach der Ausbildung wollten die frisch Examinierten häufiger in einer Klinik als in einer Einrichtung der Altenpflege arbeiten.
[1] In den letzten Wochen waren schwere Vorwürfe gegen den Träger, konkret die Zustände in einer Pflegeeinrichtung in Mössingen, erhoben worden. Es wurde berichtet über „Senioren in Exkrementen, vertauschte Pillen und Überforderung“. Es ging um Vorwürfe von Angehörigen. Die Probleme hätten mit Personalmangel und zu häufigem ‑wechsel zu tun. Die Heimaufsicht stellte gravierende Mängel fest und verhängte einen Aufnahmestopp. Der Träger bestätigte einen Teil der Vorwürfe, andere wurden zurück gewiesen. So sei der Personalschlüssel eingehalten worden. (Quelle: Diverse Berichte, unter anderem Südwestpresse und SWR). Auch darauf habe ich meinen Gesprächspartner angesprochen, war aber bei ihm verständlicherweise nicht an der ganz richtigen Adresse. Er berichtete mir, dass der Träger den Angehörigen jederzeit über eine App Einblicke in die Pflegedokumentation gewähren würde.