24. Juli 2015
Während das politische Berlin am 17. Juli im Zeichen der Sondersitzung des Bundestages zu Griechenland stand, kam der grüne Arbeitskreis Radverkehr in Münster zusammen. In der nordrhein-westfälischen Fahrradstadt diskutierten grüne RadexpertInnen über aktuelle radpolitische Herausforderungen und Initiativen.
Das Programm begann mit einem Fachgespräch in kleiner Runde. Vorträge von externen ExpertInnen zu den Themen Radverkehr in Münster, Radtourismus und internationele Entwicklungen im Radverkehr regten die Diskussion an. Obwohl 2014 mehr als 4 Millionen Menschen eine Radreise mit mehr als drei Übernachtungen unternahmen und der Radtourismus bereits 2007 einen Bruttoumsatz von mehr als 9 Mrd. Euro verzeichnete, wird der Wirtschaftszweig laut Dr. Wolfgang Richter in der Politik häufig immer noch unterschätzt. Wenn sich das Qualitätsmanagement bei den Fernradwegen nicht verbessert, könnte Deutschland seinen Spitzenplatz beim Radtourismus in Zukunft verlieren. Der Leiter der Münsteraner Verkehrsplanung Michael Milde referierte über Zustand des Radverkehrs in Münster und die radpolitischen Pläne der Stadtverwaltung. Aus Sicht von Milde ist das von der Stadt Münster bis zum Jahr 2025 ausgegeben Ziel, den Radverkehrsanteil von derzeit 39% auf 50% zu erhöhen, hochambitioniert, weil es schwieriger sei, einen bereits hohen Radverkehrsanteil weiter zu steigern, als von einem niedrigem Niveau Fortschritte zu machen. Um das Ziel dennoch zu erreichen, setzt die Stadt u.a. auf den Aufbau eines Radwegenetzes in die Vorstädte und den Ausbau von sicheren Abstellanlagen in der Stadt. Hierdurch sollen vor allem Berufspendler zum Radfahren bewegt werden. In einer umfassenden Bürgerbeteiligung sieht Milde einen weiteren Schlüssel zur Radverkehrsförderung.
Im Anschluss an die Diskussion konnten die TeilnehmerInnen die zuvor theoretisch diskutierte Situation des Radverkehrs in Münster auch praktisch erleben. Von Georg Hundt, dem Chef der Radstation Münster, geführt, fuhren die TeilnehmerInnen des Arbeitskreises die radverkehrlichen Errungenschaften und Brennpunkte der Stadt ab (die Radstation Münster ist das größte Fahrradparkhaus in Deutschland und bietet Platz für mehr als 3000 Fahrräder).
Den Abschluss der Veranstaltung bildete eine öffentliche Diskussion am Domplatz. Meine MdB-Kollegin und Münsteraner OB-Kandidatin Maria Klein-Schmeink, der Vorsitzende des Verkehrsausschusses des Europäischen Parlaments Michael Cramer, der ADFC Bundesgeschäftsführer Burkhard Stork und ich stellten uns den Fragen und Anliegen der Münsteraner BürgerInnen. Hierbei zeigte sich, dass sich die Menschen in Münster eine ambitionierte Radpolitik wünschen, die sicheren und komfortablen Radverkehr ermöglicht und nicht zulasten von FußgängerInnen geht. Burkhard Stork führte aus, dass andere Länder in den letzten Jahren beim Radverkehr in Windeseile vorangeschritten sind und deutsche Städte aufpassen müssen, hier nicht den Anschluss zu verlieren. Um dies zu verhindern, müsse man Radwege errichten, auf denen sich auch Kinder und Großeltern wohl fühlen, sowie den Mut haben, innovative Radinfrastruktur in Deutschland zu testen. Michael Cramer gab einen Einblick in die radpolitischen Diskussionen auf europäischer Ebene. Laut Cramer arbeitet die aktuelle luxemburgische Präsidentschaft des Rates der EU an einer „Roadmap for Cycling“, die noch in diesem Jahr beschlossen werden soll.