Mehr Straßen, Stagnation bei Schienenwegen
Wer viel Geld zur Verteilung hat kann viele Fehler machen. Das sehen wir am Verkehrsetat, den der Bundestag gegen unsere Stimmen kurz vor Weihnachten mit dem Haushalt für 2021 verabschiedet hat.
Das Reden und Tun klafft bei den Regierungsfraktionen gerade beim Thema „Bahn“ weit auseinander. Sie sprechen davon, die Schiene stärken zu wollen, bauen dann aber doch lieber neue Straßen. Konkret: Für den Aus- und Neubau von Straßen des Bundes wurden 3,1 Milliarden Euro, deutlich mehr als im Vorjahr, bereitgestellt. Die Mittel für den Aus- und Neubau der Schienenwege hingegen stagnieren bei 1,6 Milliarden Euro. Warum ist das so? Auf Nachfrage wird immer wieder erklärt, mehr könne die Deutsche Bahn gar nicht abrufen und verbauen. Das ist zwar richtig, aber weshalb ist das so? Warum kümmern sich die Regierenden nicht darum, dass die Deutsche Bahn ihre Planungskapazitäten ausreichend aufstockt? Wie kann es sein, dass beim Eisenbahnbundesamt (EBA), der Genehmigungsbehörde für Schienenprojekte, ein Viertel der dafür relevanten Stellen nicht besetzt sind? Dass die Deutsche Bahn noch nicht einmal stagnierende Mittel verbauen kann bedeutet angesichts massiver Preissteigerungen im Bahnbau, dass weniger statt mehr gebaut wird. Der Schrumpfungsprozess unseres Schienennetzes wird so nicht umgekehrt und die notwendigen größeren Kapazitäten, die wir dringend für die Verkehrswende benötigen, werden nicht geschaffen. Selbst die Bundesregierung sagt, es seien 3 Milliarden Euro pro Jahr für den Aus- und Neubau erforderlich, stellt dann aber nur die Hälfte zur Verfügung und unternimmt nichts dafür, dass zumindest diese Mittel tatsächlich abfließen und beispielsweise zugunsten der Umsetzung des Deutschlandtaktes gut investiert werden.
Weitere Kritikpunkte an der Haushaltsplanung: Noch immer fehlt, obwohl vielfach angekündigt, eine erkennbare Strategie und Finanzierung für eine Elektrifizierungsoffensive der Schienenwege. In Deutschland sind erst 60 Prozent der Strecken mit Oberleitungen ausgestattet. Mehr als fragwürdig ist die Corona-Rettungspolitik der Bundesregierung. Geholfen werden soll nämlich ausschließlich der Deutschen Bahn. Dies soll über Erhöhungen des Eigenkapitals geschehen, was momentan aber von der EU ausgebremst wird. Mit einer Senkung der Trassenpreise, wie es beispielsweise Österreich macht, ist eine EU-rechtskonforme Hilfe für alle Bahnunternehmen möglich. Weshalb geht Deutschland nicht diesen so nahe liegenden Weg? Kritisiert habe ich in meiner Haushaltsrede auch die Hilfen für Regionalflughäfen selbst für diejenigen, die sich schon vor der Coronakrise mangels ausreichenden Bedarfs nicht gerechnet haben. Wir brauchen dringend ein nationales Flughafenkonzept, dessen Ziel eine deutliche Reduzierung der Anzahl der Flughäfen sein muss. Es darf keine dauerhaften Flughafensubventionen geben!
Natürlich gibt es auch einige positive Ansätze im Haushalt: So werden die Mittel nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) deutlich erhöht. Damit können Länder bzw. Kommunen in die regionale Schienen-Infrastruktur investieren, so beispielsweise Stadtbahnnetze ausbauen oder stillgelegte Bahnstrecken reaktivieren.
Letztlich werden aber positive Ansätze insbesondere durch die einseitige Stärkung des Straßenbaus kaputt gemacht. Schade!
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Einige Hintergrundinformationen zum Haushalt 2021:
Die Haushaltsmittel für den Aus- und Neubau von Straßen steigen gegenüber 2020 um 510 Millionen Euro auf 3,1 Mrd. €. Dabei geht es um 1,7 Mrd. € für Autobahnen, 1 Mrd. € für Bundesstraßen und knapp 400 Mio. € werden über ÖPP finanziert.
Für den Bau von Radschnellwegen werden die Mittel auf 50 Mio. € verdoppelt.
Die GVFG-Mittel steigen von 665 Mio. € auf 1 Mrd. €.
Unsere Anträge (Auswahl): Verdoppelung der Mittel für den Aus-/Neubau von Schienenwegen auf 3 Mrd. €, globale Minderausgabe beim Straßenbau um 2 Mrd. € und Beendigung von ÖPP.