ICE-Neubaustrecke München – Berlin: Teuer und nicht im Netz gedacht

Hinweis: Dieser Beitrag ist schon älter und wurde möglicherweise noch nicht in das neue Format umgewandelt.

10.12.2017

Das 21. Jahr­hun­dert muss das Zeit­al­ter der ver­netz­ten Bahn sein!

Zehn Mil­li­ar­den Euro hat sie gekos­tet und 26 Jah­re nach Beginn der Pla­nun­gen geht sie heu­te durch­ge­hend in Betrieb: Das Ver­kehrs­pro­jekt Deut­sche Ein­heit 8 mit der Aus- und Neu­bau­stre­cke zwi­schen Ber­lin und Mün­chen. Sicher wird sie dazu geeig­net sein, deut­lich mehr Men­schen zwi­schen den bei­den Metro­po­len in die Bahn zu locken. Aber sind die enor­men Inves­ti­ti­ons­kos­ten damit zu recht­fer­ti­gen? Lei­der wur­de die Tras­sen­füh­rung nicht danach bestimmt, wie der größ­te Bei­trag zu einer Ver­la­ge­rung von Ver­keh­ren mit dem Auto, dem Lkw und dem Flug­zeug auf die Bahn geleis­tet wer­den kann. Viel­mehr ist die Tras­sen­füh­rung nach den Inter­ven­tio­nen des eins­ti­gen Thü­rin­ger Minis­ter­prä­si­den­ten Bern­hard Vogel viel mehr poli­tisch moti­viert und durch lan­ge und auf­wän­di­ge Tun­nel­stre­cken teu­er im Bau und Betrieb. Mit dem neu­en Dreh­kreuz in Erfurt wer­den zeit­gleich wirt­schafts­star­ke Städ­te wie Jena vom Fern­ver­kehr fak­tisch abge­hängt. Der Güter­ver­kehr wird die Neu­bau­stre­cke abseh­bar kaum nut­zen.

Zehn Mil­li­ar­den sind eine ordent­li­che Stan­ge Geld und der Bund hät­te mit die­sem Geld deut­lich mehr machen kön­nen, um Per­so­nen- und Güter­ver­keh­re auf die Schie­ne zu ver­la­gern. Mit dem Blick nach vor­ne wün­sche ich mir, dass die Ära poli­tisch betrie­be­ner teu­rer Pres­ti­ge­pro­jek­te zu Ende gegan­gen ist. Viel­mehr muss es uns gelin­gen, dass die Bahn­an­ge­bo­te in der Flä­che gestärkt und bes­ser mit­ein­an­der ver­tak­tet wer­den. Nur so schaf­fen wir es, dass sich die Sche­re zwi­schen den Metro­po­len und dem länd­li­che Raum nicht wei­ter öff­net und das Leit­ziel der „gleich­wer­ti­gen Lebens­ver­hält­nis­se“ nicht zu einem lee­ren Ver­spre­chen ver­kommt.

Um am Bei­spiel der neu­en Hoch­ge­schwin­dig­keits­stre­cke zu blei­ben: Die meis­ten Men­schen in Baden-Würt­tem­berg haben kei­ner­lei Nut­zen von der neu­en Tras­se, weil die Stre­cken nach Nürn­berg schlecht aus­ge­baut und die Ange­bo­te nicht auf­ein­an­der abge­stimmt sind. In Nürn­berg, Erfurt, Hal­le und Leip­zig müs­sen Rei­sen­de teil­wei­se lan­ge auf ihre Anschlüs­se war­ten. Daher müs­sen die Inves­ti­tio­nen jetzt so gelenkt wer­den, dass ein Deutsch­land-Takt mit kur­zen Anschlüs­sen und so auch mit kur­zen Rei­se­zei­ten im gan­zen Land umge­setzt wird. Dafür müs­sen wir die wich­ti­gen Kno­ten aus­bau­en, Jahr­zehn­te in der Land­schaft lie­gen­de Lang­sam­fahr­stel­len besei­ti­gen, ein­glei­si­ge Stre­cken­ab­schnit­te aus­bau­en und die Bahn wei­ter elek­tri­fi­zie­ren. Mit die­sem Deutsch­land-Takt nach dem Vor­bild des Bahn-Welt­meis­ters Schweiz pro­fi­tie­ren nicht nur Geschäfts­rei­sen­de aus gro­ßen Metro­po­len, son­dern alle in unse­rem Land von zuver­läs­si­gen und attrak­ti­ven Ver­bin­dun­gen. Bei aller Inge­nieurs­kunst in unse­rem Land: Pro­jek­te wie die Neu­bau­stre­cke zwi­schen Erfurt und Nürn­berg quer durch den Thü­rin­ger Wald oder auch Stutt­gart 21 sind teu­re Pres­ti­ge­pro­jek­te aus dem 20. Jahr­hun­dert. Das 21. Jahr­hun­dert jedoch muss das Zeit­al­ter der ver­netz­ten Bahn sein – einer Bahn, deren Netz in das gan­ze Land aus­strahlt und zusam­men mit unse­ren euro­päi­schen Nach­barn die Ver­kehrs­wen­de vor­an­bringt.