Pressemitteilung vom 24.08.2015, leicht abgeändert und ausgebaut
Bereits zum dritten Mal hat Matthias Gastel die Flüchtlingsunterkunft in der Kanalstraße in Nürtingen, neben dem Berufsschulzentrum, besucht. Die ersten beiden Male schaute er sich dort als damaliger Kreisrat um. Nun informierte er sich als Bundestagsabgeordneter. Für das Landratsamt und die Arbeiterwohlfahrt gaben Rudi Nehrke und Heimleiter Manfred Wilmsch sowie Alexandra Mack eine Übersicht über die Flüchtlingszahlen und ‑unterbringungen im Landkreis: Demnach leben aktuell rund 2.200 Asylbewerber in den Unterkünften des Landkreises; davon entfallen 257 auf die acht Standorte in Nürtingen. Das seit zwei Jahren bestehende Containerdorf in der Kanalstraße ist die größte Unterkunft im Stadtgebiet. Dort sind alleinlebende Männer und Frauen, aber auch Familien untergebracht. Die dortigen Flüchtlinge gehören 16 verschiedenen Nationen an. Pro Person stehen knapp fünf Quadratmeter Wohnfläche zur Verfügung. Eine hauptamtliche Betreuungskraft ist für 100 Flüchtlinge zuständig. Hinzu kommt eine erfreulich hohe Anzahl von Ehrenamtlichen, deren Zahl kreisweit auf 600 bis 700 geschätzt wird. Sie bieten beispielsweise Sprachkurse, aber auch Freizeitangebote und Unterstützung bei der Wohnungssuche, an. Matthias Gastel dankte den Ehrenamtlichen ausdrücklich für ihr wichtiges Engagement. Konflikte mit der benachbarten Berufsschule sind den VertreterInnen von Landkreis und AWO nicht bekannt. In einzelnen Projekten haben sich die Berufsschülerinnen und ‑schüler mit dem Asylthema beschäftigt. Eine andauernde Kooperation hingegen gibt es leider nicht. Aus der Nachbarschaft im angrenzenden Wohngebiet gibt es immer wieder Beschwerden wegen Lärms. Für die Lebenssituation der Flüchtlinge – Leben auf engstem Raum in Baucontainern (keine Wohncontainer!) mit Menschen aus unterschiedlichsten Nationen, hoher Fluktuation und vielfachen traumatischen Erlebnissen – ist es schon erstaunlich, dass es in dieser Unterkunft bzw. mit der Nachbarschaft keine größeren Konflikte gibt. Darin waren sich die GesprächspartnerInnen einig.
Für Matthias Gastel steht das Grundrecht auf Asyl nicht zur Disposition: „Wie andere Grundrechte bewährt sich auch das Grundrecht auf Asyl gerade dann, wenn es Anstrengungen bedarf, es umzusetzen. Unsere Aufgabe ist es, für eine humane Aufnahme und Unterbringung der Flüchtlinge zu sorgen. Und wir müssen die Verfahren beschleunigen.“ Gastel verweist darauf, dass die durchschnittliche Dauer im vergangenen Jahr bei 7,1 Monaten gelegen hatte und im ersten Halbjahr des laufenden Jahres auf 5,3 Monate verkürzt werden konnte. Im Landkreis leben auch Flüchtlinge, die bereits seit dem Jahr 2013 auf die abschließende Bearbeitung ihrer Anträge warten! „Der Bund muss das Personal für die Bearbeitung der Asylanträge deutlich weiter aufstocken, um angesichts steigender Flüchtlingszahlen die Betroffenen nicht wieder länger im Ungewissen zu lassen. Das Ziel muss vielmehr sein, die Verfahrensdauer auf drei Monate weiter zu verkürzen. Und es muss darum gehen, die Flüchtlinge innerhalb der EU fairer zu verteilen.“ Auch die Integration der Flüchtlinge ist für Matthias Gastel ein wichtiges Thema: „Wir brauchen für die angekommenen Flüchtlinge viel schneller und intensivere Sprachkurse. Insbesondere für diejenigen, die eine hohe Anerkennungswahrscheinlichkeit haben. Denn wir wollen ihnen einen möglichst frühen Zugang in den Arbeitsmarkt ermöglichen. Und dafür ist die Sprache nun einmal die Grundvoraussetzung.“ Ein viel stärkeres Augenmerk möchte der Abgeordnete auf die Bekämpfung der Fluchtursachen gerichtet haben: „Es ist eine Schande, dass im 21. Jahrhundert Roma in einigen europäischen Ländern noch immer diskriminiert werden. Hier muss die EU energisch auf die Länder einwirken, in denen diese Minderheiten noch immer gesellschaftlich und wirtschaftlich ausgegrenzt werden.“ Ebenso müssen die EU, aber auch die NATO, die Türkei drängen, ihre Kurdenpolitik zu ändern und auf eine Aussöhnung hinwirken. „Die Schwächung der Kurden stärkt die Terroreinheiten von ISIS in Syrien und im Irak, erhöht das Leid der Zivilbevölkerung und trägt damit zu wachsenden Flüchtlingsströmen bei.“
Dass in der Asylpolitik Handlungsbedarf besteht, ist aus Sicht des Abgeordneten unstrittig. Was vermieden werden muss, ist reine Symbolpolitik und der Missbrauch des Flüchtlingsthemas für Wahlkampfzwecke: „Erfahrungen lehren, dass dies immer nur rechten Gesellschaftspaltern nutzt.“