Anteil junger Menschen, die den Autoführerschein erwerben, sinkt in Baden-Württemberg nachhaltig – Daten seit dem Jahr 2001 erhoben und ausgewertet
Zusammen mit meinen Mitarbeiter*innen untersuchte ich für den Zeitraum von 2001 bis 2015 die Führerscheinerteilungen fürs Auto an die bis 21-jährigen jungen Menschen. Hier erhoben wir die Daten für das Land Baden-Württemberg, die Stadt- und Landkreise der Region Stuttgart sowie den Ostalbkreis und den Landkreis Heidenheim. Der langfristige Trend ist deutlich zu erkennen: Jugendliche und junge Erwachsene machen immer seltener einen Führerschein.
Die folgende Grafik zeigt die Entwicklung des Anteils der Führerscheinerwerber (Klasse B und BE) unter den jungen Menschen in Baden-Württemberg und den genannten Stadt- und Landkreisen. Landesweit ging der Anteil der jungen Menschen, die den Führerschein erwarben, seit dem Jahr 2001 um über 30 Prozent zurück.
Rückgänge der Anteile junger Menschen beim Führerscheinerwerb (seit 2001, gerundet):
Stuttgart: 52 Prozent
Baden-Württemberg: 32 Prozent
Ludwigsburg: 29 Prozent
Böblingen: 27 Prozent
Heidenheim: 24 Prozent
Esslingen: 23 Prozent
Ostalbkreis: 21 Prozent
Göppingen: 21 Prozent
Alle untersuchten Landkreise zeigen einen anhaltenden Abwärtstrend bei der Erteilung von PKW-Führerscheinen an die 17- bis 21-Jährigen auf. Diese Entwicklung erfolgt auch in eher ländlich strukturierten Regionen.
Die Tatsache, dass immer mehr junge Menschen darauf verzichten, einen Führerschein zu erwerben, macht grundlegende gesellschaftliche Veränderungen deutlich: Die emotionale Bedeutung des Autos sinkt. Das Auto bleibt wichtig, wird aber zunehmend als ein mögliches Element verschiedener, immer häufiger miteinander kombinierter Verkehrsmittel betrachtet. Verstärkt wird diese Entwicklung durch die gestiegenen Kosten für Führerschein und Auto. Der Trend zu höheren Schulabschlüssen und zum Studium führt aber zu einem zeitlich verschobenen Einstieg in den Beruf und damit wird das erste Einkommen erst später erzielt. Zugleich wirkt sich der Ausbau des ÖPNV aus. Hinzu kommt, dass immer mehr Angebote für Leihfahrräder entstehen. Noch relativ neu, aber gerade unter jüngeren Menschen überaus erfolgreich am Markt sind die Fernbusse.
Die jungen Menschen zeigen, wie die Mobilität der Zukunft aussieht: Das Ziel, nicht das Verkehrsmittel steht im Mittelpunkt. Je nachdem, wie weit der Weg ist und ob etwas transportiert werden soll, werden mal das Auto und mal die Bahn, der Bus oder das Fahrrad genutzt oder es wird gelaufen. Das Smartphone hilft dabei, alles zu vernetzen. So wird die Mitfahrgelegenheit organisiert, die geeignete Bus- und Bahnverbindung bestimmt, das Fernbusticket gekauft oder ein Fahrrad ausgeliehen.
Politische Schlussfolgerungen
Mobilität muss auch jenseits der Automobilität gesichert und ausgebaut werden. Wichtiger als der Ausbau von Straßen ist daher der Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel, die ihre Zuverlässigkeit verbessern müssen. Ebenso müssen mehr attraktive Radwegeverbindungen und sichere Fahrradabstellanlagen an zentralen Orten wie Haltestellen des öffentlichen Nahverkehrs und an Bahnhöfen geschaffen werden.
Eine ausführliche Auswertung und detailliertere politische Forderungen lassen sich hier finden: entwicklung_fuehrerscheinerteilungen-baden-wuerttemberg-mit-tabellen