06.06.2014
Antwort der Bundesregierung auf Anfrage zu Stuttgart 21:
Kosten und Zeitplan knapp kalkuliert, Wirtschaftlichkeitsberechnungen auf tönernen Füßen und Flughafenanbindung auf den Fildern immer fragwürdiger
I. Kosten, Finanzierung und Baufortschritt
Die Deutsche Bahn AG (DB) hat in dem vom Aufsichtsrat bewilligten Finanzierungsrahmen von 6,5 Milliarden Euro lediglich das Risiko einer weiteren Inbetriebnahmeverschiebung von einem Jahr berücksichtigt. Außerdem bildet der Puffer nur die Preisentwicklung bis zum erwarteten Realisierungszeitpunkt ab. Angesichts der bisherigen Verzögerungen und der für mehrere Bauabschnitte noch nicht vorliegenden Baugenehmigungen birgt die Planung ein immenses Kostenrisiko. Verschärfend kommt hinzu, dass mit dem für seine Unwägbarkeiten gefürchteten Tunnelbau in Stuttgart praktisch noch nicht begonnen wurde. Auch dies geht aus der Antwort der Bundesregierung auf unsere Anfrage hervor.
II: Planfeststellungsabschnitt 1.3 (Filderabschnitt mit Flughafenanbindung)
Die Deutsche Bahn AG hat für den Abschnitt auf den Fildern von der geplanten Rohrer Kurve bis zum Flughafen inklusive dem Umbau des bestehenden Bahnhofs und des vorgesehenen neuen Bahnhofs am Flughafen noch kein Baurecht. Und dies, obwohl sie sich seit über zehn Jahren darum bemüht. Wenn die Bundesregierung in ihrer Antwort auf unsere Anfrage nun erklärt, dass sie nur bei „optimalem Verlauf“ eine Bescheiderstellung durch das Eisenbahnbundesamt bis zum vorgesehenen Zeitpunkt für möglich hält, hat sie offenbar erhebliche Zweifel am Zeitplan im Planabschnitt 1.3.
Damit wird immer fraglicher, ob die Planungen rund um den Flughafen zeitgleich mit dem Tiefbahnhof fertiggestellt werden können. Aber zu unserer Frage, ob der neue Hauptbahnhof ggf. auch ohne die neuen Flughafenanbindungen in Betrieb gehen könnte, äußert sich die Bundesregierung nicht. Diese Frage muss aber aus unserer Sicht geklärt werden.
Bedauerlich und unverständlich ist auch, weshalb die Bundesregierung sich nicht zu den Bedenken der Stadt Leinfelden-Echterdingen äußert. Wir Grünen hatten darauf hingewiesen, dass die Kommune ein neues Erschütterungsgutachten gefordert hat. Denn künftig sollen nicht mehr nur S‑Bahnen, sondern – dicht vorbei an Wohngebieten – zusätzlich Fernverkehrszüge durch die Stadt fahren. Und wir wollten wissen, ob es zutrifft, dass der bisherigen Untersuchung „best-case“-Annahmen zugrunde gelegt wurden. Mit ihrer Nichtbeantwortung unserer Fragen ignoriert die Bundesregierung die Bedenken der Stadt und vieler ihrer Bürgerinnen und Bürger.
Hingegen gibt die Bundesregierung zu, dass es keinerlei Prognose dazu gibt, wie viele Fahrgäste mit den Zügen der Gäubahn an den Flughafen fahren wollen. Es soll also ein Bahnhof zu Lasten der S‑Bahn umgebaut werden, ohne dass ein Bedarf der Fahrgäste hierfür nachgewiesen wurde.
Besonders fatal ist dies aus zwei Gründen:
1. Es wurde im Bewertungsjahr 2006 von steigenden Fluggastzahlen ausgegangen. Diese sind aber in der Wirtschaftskrise auf 10 Millionen pro Jahr gesunkenen und stagnieren seither auf diesem Niveau.
2. Die Erfahrungen mit Fernverkehrsanbindungen an andere Flughäfen (mit Ausnahme von Frankfurt/Main) zeigen, dass die Erwartungen sich nicht erfüllen. Meist wird das Fernzugangebot nach und nach ausgedünnt. In Düsseldorf waren es zunächst werktäglich durchschnittlich 53 Fernverkehrszüge, heute sind es noch 40. In Leipzig/Halle waren es anfänglich 33, heute sind es noch 18. Und in Köln/Bonn fuhren im ersten Betriebsjahr 27 Fernzüge in den damals neuen Flughafenbahnhof ein, heute sind es noch 24.
Dies lässt die Schlussfolgerung zu, dass die Flughafenbahnhöfe auf einer unzutreffenden Kosten-Nutzen-Berechnung hin errichtet wurden. Auf den Fildern ist genau dies aus den genannten Gründen in besonderer Weise ebenfalls anzunehmen. Die Planungen für die Anbindung des Flughafens an den Schienenpersonenfernverkehr droht ein teurer Flop zu werden! Dass dafür noch die Stabilität der S‑Bahn gefährdet wird, da deren Gleise mitgenutzt und der S‑Bahnhof am Flughafen zurückgebaut werden soll, ist nicht akzeptabel. An dieser Stelle ist daran zu erinnern, dass es dem Mehrheitswille der am Filderdialog beteiligten Bürgerinnen und Bürger entspricht, auf den Mischverkehr – also die gemeinsame Nutzung der S‑Bahn-Trasse für S‑Bahnen und Fernzüge – zu verzichten.
III: Abstellbahnhof Untertürkheim
Die Bundesregierung bestätigt, dass die Trassierung und der Gleisplan geändert werden soll. Welchem Zweck die geplanten Änderungen dienen sollen teilt die Bundesregierung nicht mit. Warum antwortet die Bundesregierung nicht auf die Fragen, welche Planänderungen vorgesehen sind und weshalb der Gleisplan geändert werden soll? Was in Untertürkheim tatsächlich geplant wird bleibt ein Rätsel.