18.12.2019
GRÜNE setzen Nachbesserung durch
In den Nachverhandlungen zum viel zu klein geratenen „Klimapaket“ wurde mehr erreicht, als viele erwartet hatten. Das ist der Verhandlungsführung der Grünen und insbesondere der Einigkeit zwischen grün mitregierten Ländern und der grünen Bundestagsfraktion zu verdanken. Dennoch ist es weit weniger als das, was angesichts der Klimakrise erforderlich wäre. Es wurde deutlich, wer es ernst meint mit dem Klimaschutz und wer lieber nur darüber redet. Ursprünglich hätte die Tonne CO2 mit nur 10 Euro bepreist werden sollen. Deswegen wäre niemand sparsamer Auto gefahren, es wäre auf keine Kurzstreckenfahrt mit dem Auto zugunsten eines Fußweges oder einer Fahrradnutzung verzichtet worden. Es wäre auch kein einziger Gütertransport vom Lkw auf die Schiene verlagert worden. Nun wurde ein zweieinhalbmal so hoher CO2-Preis vereinbart, der noch dazu schneller ansteigen wird. Von einer spürsamen Wirkung ist mit dem Einstiegspreis von 25 Euro pro Tonne CO2 jedoch noch nicht zu rechnen. Die Perspektive ist jedoch entscheidend: Die Preise für Diesel und Benzin an den Zapfsäulen, die seit dem Jahr 2013 um rund 10 Prozent gesunken sind, steigen wieder und signalisieren damit die Knappheit eines Gutes und machen aufmerksam auf die Probleme, die mit diesem Energieträger verbunden sind (Umweltbelastungen bei der Förderung, dem Transport und der Verbrennung sowie Finanzierung höchst fragwürdiger Regime).
Anders als ursprünglich geplant, werden die staatlichen Mehreinnahmen vollständig an die Bürgerinnen und Bürger in Form eines niedrigeren Strompreises zurückgegeben. Das war uns Grünen besonders wichtig. Allerdings hätten wir uns als zweite Säule der Entlastung nicht die Ausweitung der Pendlerpauschale gewünscht, sondern eine pauschale Ausbezahlung eines Festbetrages von 100 Euro pro Kopf und Jahr. Diese wäre Menschen mit wenig Geld überproportional zugutegekommen und hätte keine Fehlanreize zugunsten der Akzeptanz längerer Wegstrecken zum Arbeitsplatz gesetzt.[1] Sehr positiv ist die Tatsache, dass die Mehrwertsteuer auf Fahrscheine im Fernverkehr der Bahn gesenkt wird. Fahrten mit der klimafreundlichen Bahn werden damit um zehn Prozent preiswerter. Seit einigen Jahren steigen die Fahrgastzahlen im Fernverkehr der Bahn. Die Senkung der Steuern auf Fernverkehrstickets dürfte diesen Trend beschleunigen. Die Deutsche Bahn hat bereits mit zusätzlichen Zügen und verdichteten Angeboten reagiert.
Deutschland ist in den letzten Jahren in Sachen Klimaschutz gegenüber anderen Ländern auf den mäßigen Rang 23 zurückgefallen. Mit den nun vereinbarten Klimaschutzmaßnahmen wird unser Land nicht weiter zurückfallen, aber eben leider auch keine führende Rolle einnehmen. Deutlich geworden ist, dass es für eine wirksame Klimaschutzpolitik starke Grüne braucht. Wir haben noch viel vor: Die Ausbauhürden bei den erneuerbaren Energien müssen beseitigt werden, der Kohleausstieg muss beschleunigt werden und Radfahren, zu Fuß gehen sowie die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel muss insbesondere in den Ballungsräumen attraktiver werden als das Autofahren.
[1] Um die Bedeutung der Pendlerpauschale einschätzen zu können ist wichtig zu wissen, dass knapp 60 Prozent der mit dem Auto zurückgelegten Entfernungen auf den Freizeitverkehr entfallen (Freizeit, Urlaub und Einkäufe). Für diese Zwecke gibt es keine Entlastung und damit durch steigende Benzin- und Dieselpreise Anreize zur Vermeidung vermeidbarer/verlagerbarer Autofahrten. Der Berufsverkehr macht von den insgesamt mit dem Auto zurückgelegten Distanzen gerade einmal 22 Prozent aus. Eine weitere Kritik an der Pendlerpauschale bezieht sich darauf, dass vor allem Besserverdienende davon profitieren, da sie steuerlich stärker profitieren.