05.04.2023
Schiene wird erheblich besser finanziert
Die umfassenden Ergebnisse des Koalitionsausschusses haben anhaltend heftige Diskussionen um die Bewertungen ausgelöst. Im Fokus standen neben den Sektorzielen für den Klimaschutz zahlreiche verkehrspolitische Fragen. Bei den Themen aus meiner Zuständigkeit (Bahn und Güterverkehr) kann ich rundum zufrieden sein.
Der Verlauf des Koalitionsausschusses hat leider einmal mehr gezeigt, dass wir als Grüne bei zentralen Fragen wie dem Klimaschutz bei SPD und FDP nur wenig Unterstützung finden. Klimaschutz und Verkehrswende stellen leider immer noch Alleinstellungsmerkmale von uns Grünen dar, für die wir dann, wenn es konkret werden muss, oftmals keine ausreichende Gemeinsamkeit in der Koalition finden. Wir mussten sehr kämpfen, um halbwegs akzeptable Ergebnisse zu erzielen. So bleiben die Sektorziele im Klimaschutz im Grundsatz bestehen, es wird aber komplizierter und der Verkehrsminister wird mehr als zuvor auf andere Ressorts verweisen, statt selber zu liefern. Letztlich wird er aber doch eigene Vorschläge machen müssen, da andere Ressorts die Versäumnisse im Verkehrssektor nicht ausgleichen können.
Als Berichterstatter meiner Fraktion für Bahn, Güterverkehr und Logistik kann ich mit dem Ergebnis sehr zufrieden sein: Der Bahnausbau soll beschleunigt werden (gilt für alle Projekte des Bundes), es soll deutlich mehr Geld für die Schiene geben (plus 45 Milliarden bis zum Jahr 2027), die Lkw-Maut soll auf 3,5 Tonnen ausgeweitet werden und es wird der europarechtlich maximal zulässige CO-Aufschlag von 200 Euro je Tonne CO 2 neu eingeführt. 80 Prozent der dadurch erzielten Mehreinnahmen gehen in die Schiene (rund fünf Milliarden Euro pro Jahr). Zudem: Schienenfahrzeuge mit alternativen Antrieben werden gefördert, ebenso die digitale ETCS-Ausrüstung der Fahrzeuge. Die höhere Lkw-Maut wird wichtige Impulse setzen: Für die Verlagerung von Gütern auf die Schiene, wo dies möglich ist. Für die Transformation hin zu alternativen Antrieben, insbesondere zum batterieelektrischen Lastwagen. Aber auch für eine höhere Auslastung der Lastwagen, was sich mittels digitaler Möglichkeiten und einer leichten Tendenz weg von Just-in-Time-Lieferungen und mehr Zeit für die Organisation von optimierten Transporten erreichen lassen sollte.
Wichtig ist auch, dass Festlegungen aus dem Koalitionsvertrag bestätigt wurden: Deutlich mehr Geld für die Schiene als für die Straße, bei den Straßen wird der Fokus auf den Erhalt gerichtet, Deutschlandtakt, Verlagerungsziel von Gütern auf die Schiene etc.
Leider soll der im Bedarfsplan („Bundesverkehrswegeplan“) vorgesehene Ausbau von Autobahnen der Kategorien „VB‑E“ (Engpassbeseitigung) und „fest disponiert“ dadurch beschleunigt werden, dass diese zum „überragenden öffentlichen Interesse“ erklärt werden. In gerichtlichen Abwägungsprozessen mit verschiedenen Rechtsgütern wird das Interesse an diesen Projekten dann tendenziell höher gewichtet.
Was bedauerlicherweise immer noch fehlt ist der Abbau ökologisch schädlicher Subventionen. Wir brauchen beispielsweise dringend eine Reform des Dienstwagenprivilegs und der Pendlerpauschale.
Feedbacks aus der Branche
„Die Allianz pro Schiene wertet die Ergebnisse des Koalitionsausschusses für die Schiene als positiv, für den Klimaschutz im Verkehr insgesamt jedoch als enttäuschend. Es sei ein „Riesenfortschritt“, dass der Finanzierungskreislauf „Straße finanziert Straße“ der Lkw-Maut aufgebrochen werde, damit künftig auch wieder Schieneninfrastrukturprojekte aus Mauteinnahmen finanziert werden können. Der Bundesverband Güterverkehr und Logistik (BGL) bemängelte die Mauterhöhung, da es am Markt kaum Alternativen zum Diesel-Lkw geben würde. Hingegen bewertete der Bundesverband Spedition und Logistik die Ergebnisse als insgesamt ausgewogen. Martin Daum, Daimler-Truck-Chef, sagte: „Dass die CO2-basierte Maut ab 2024 in Deutschland kommt, ist eine wirklich gute Nachricht – und zwar nicht nur für Daimler Truck, sondern für den nachhaltigen Transport insgesamt.“
Die geplante Beschleunigung der Autobahnausbauten durch Definition als Projekte des „überragenden öffentlichen Interesses“ habe ich mit Brille für Baden-Württemberg wie folgt kommentiert:
„Die Ampel hat aus guten Gründen im Koalitionsausschuss ihr Ziel bekräftigt, erheblich mehr in die Schiene als in Straßen zu investieren. Die Straßen wurden in den letzten Jahrzehnten massiv ausgebaut. Jetzt ist die Schiene dran. Die Verkehrsprognose des Bundesverkehrsministeriums sieht Dank Homeoffice beim Autoverkehr keine große Entwicklung in der Zukunft. Ein starkes Wachstum wird hingegen beim Güterverkehr erwartet. Für immer mehr Lastwagen sollten wir nicht den roten Teppich in Form von mehr Fahrspuren an Autobahnen ausrollen. Mit der zwischen den drei Koalitionsparteien vereinbarten deutlichen Erhöhung der Lkw-Maut setzen wir starke Impulse für die Verlagerung von mehr Gütern auf die Schiene und für die Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe. Unter diesen Gesichtspunkten ist eine sorgfältige Abwägung unterschiedlicher Rechtsgüter, wozu der Natur- und Klimaschutz gehören, besonders wichtig. Es sollte inzwischen überall angekommen sein, dass wir Verkehrsprobleme mit immer mehr Straßen nicht lösen können. Daher bin ich froh, dass wir die Mittel für ein leistungsfähigeres Schienennetz deutlich erhöhen werden. Bei den Straßen wird der Fokus auf den Erhalt insbesondere der Brücken gelegt. Das ist der richtige Weg in eine verantwortungsvolle Zukunft der Mobilität.“