„Innerdeutsch hat sich Zug gegen Flieger durchgesetzt“
Der Tourismus im In- und Ausland muss nachhaltiger werden. Viel zu häufig gehen vom Tourismus hohe Belastungen für die Umwelt und schlechte Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten aus. Beim Auslandstourismus können sogar die Menschenrechte tangiert sein. Nachhaltigkeits-Zertifikate können helfen, Transparenz in die Branche und in verschiedene Angebote der Branche zu bringen, Entwicklungen nachzuvollziehen und Privatreisenden wie auch Unternehmen Entscheidungen für Dienstreisen zu vereinfachen. Die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen hatte Fachleute zu einem Gespräch geladen, um über die derzeitige Verbreitung von Zertifikaten und brauchbare zukünftige Anforderungen daran zu sprechen. Hier ein kurzer Rückblick.
Teilgenommen am Gespräch haben Vertreterinnen und Vertreter folgender Organisationen: Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde, futuris e.V., forum anders reisen e.V., Viabono GmbH, TourCert gGmbH, reCET UG/Ecotrans e.V., Booking.com GmbH, FairWeg GmbH, DTV, DRV, Bayerisches Zentrum für Tourismus e.V., Brot für die Welt e.V.
Herausforderungen an ein nachhaltiges Reisen
Mit dem Reisen sind oftmals hohe Energieverbräuche und große Treibhausgasemissionen verbunden. Dies gilt insbesondere für Flug- und Schiffsreisen. Weitere Belastungen können von der Ernährung auf Reisen ausgehen (hoher Fleischanteil in Restaurants, Lebensmittelverschwendung durch Büffets). Hinzukommen können Flächenkonflikte mit dem Naturschutz und den Bedürfnissen der einheimischen Bevölkerung oder schlechte Arbeitsbedingungen in der Hotellerie und Gastronomie.
Derzeitige Zertifizierungen – Problematik
Es gibt ein breites, unübersichtliches Angebot an Zertifikaten (es wurde die Anzahl von 43 bestehenden Zertifikaten genannt). Meist beschränken sich diese auf unterschiedliche ökologische Kriterien und die Vorgaben, nach denen die Zertifikate ausgestellt werden, bleiben oftmals intransparent. Selbst Reisevermittler können die Angebote meist kaum bewerten und ihre Kundschaft daher nicht umfassend beraten. Dadurch entsteht ein Informationsdefizit: Immer mehr Privatreisende legen Wert darauf, Belastungen durch ihre Reisen zu minimieren und Unternehmen haben sich immer häufiger anspruchsvollen Klimazielen verpflichtet, die sich auch auf die Geschäftsreisen auswirken müssen.
Anforderungen und Chancen durch Zertifizierungen
Zertifikate müssen wissenschaftlichen Erkenntnissen folgen (bspw. dem 1,5 Grad-Ziel) und den Markt durchdringen, also in der Branche verbreitet sein und in der Öffentlichkeit einen gewissen Bekanntheitsgrad haben. Sie müssen ehrgeizige Ziele verfolgen, indem sie Ansprüche an eine umfassende Nachhaltigkeit stellen (bspw. Klimaschutz, Biodiversität, Arbeitsbedingungen). Dazu müssen die Kriterien messbar und überprüfbar sein. Benchmarks müssen möglich sein. Durchaus im Widerspruch zu den Ansprüchen an ein Zertifikatsystem kann stehen, dass die Zertifikate verstanden werden müssen und dafür nicht zu viele Bewertungsaspekte enthalten sollten. An Zertifikate müssen Mindest- und Ausschlusskriterien gestellt werden.
„Innerdeutsch hat sich Zug gegen Flieger durchgesetzt“
So lautet das Fazit einer aktuellen Geschäftsreiseanalyse. Erstellt wurde diese vom „Verband Deutsches Reisemanagement e.V.“ (VDR), der sich auf Geschäftsreisen spezialisiert hat. Demnach werden insbesondere große und börsennotierte Unternehmen immer mehr in die Pflicht genommen, über ihr nachhaltiges Handeln zu berichten. Der Anteil der Firmen, die sich aktiv für mehr Nachhaltigkeit im Geschäftsreisebereich einsetzen steige weiter. Konkret wirke sich das so aus, dass die Anzahl von Geschäftsreisen auch nach Corona reduziert bliebe und „der Wechsel von Flug zu Zug sich innerdeutsch inzwischen durchgesetzt“ habe.