Nachhaltiger Tourismus: Was können Zertifikate leisten?

13.10.2022

„Innerdeutsch hat sich Zug gegen Flieger durchgesetzt“

Der Tou­ris­mus im In- und Aus­land muss nach­hal­ti­ger wer­den. Viel zu häu­fig gehen vom Tou­ris­mus hohe Belas­tun­gen für die Umwelt und schlech­te Arbeits­be­din­gun­gen für die Beschäf­tig­ten aus. Beim Aus­lands­tou­ris­mus kön­nen sogar die Men­schen­rech­te tan­giert sein. Nach­hal­tig­keits-Zer­ti­fi­ka­te kön­nen hel­fen, Trans­pa­renz in die Bran­che und in ver­schie­de­ne Ange­bo­te der Bran­che zu brin­gen, Ent­wick­lun­gen nach­zu­voll­zie­hen und Pri­vat­rei­sen­den wie auch Unter­neh­men Ent­schei­dun­gen für Dienst­rei­sen zu ver­ein­fa­chen. Die Bun­des­tags­frak­ti­on Bünd­nis 90/Die Grü­nen hat­te Fach­leu­te zu einem Gespräch gela­den, um über die der­zei­ti­ge Ver­brei­tung von Zer­ti­fi­ka­ten und brauch­ba­re zukünf­ti­ge Anfor­de­run­gen dar­an zu spre­chen. Hier ein kur­zer Rück­blick.

Teil­ge­nom­men am Gespräch haben Ver­tre­te­rin­nen und Ver­tre­ter fol­gen­der Orga­ni­sa­tio­nen: Hoch­schu­le für Nach­hal­ti­ge Ent­wick­lung Ebers­wal­de, futu­ris e.V., forum anders rei­sen e.V., Viabo­no GmbH, Tour­Cert gGmbH, reCET UG/Ecotrans e.V., Booking.com GmbH, Fair­Weg GmbH, DTV, DRV, Baye­ri­sches Zen­trum für Tou­ris­mus e.V., Brot für die Welt e.V.

Her­aus­for­de­run­gen an ein nach­hal­ti­ges Rei­sen

Mit dem Rei­sen sind oft­mals hohe Ener­gie­ver­bräu­che und gro­ße Treib­haus­gas­emis­sio­nen ver­bun­den. Dies gilt ins­be­son­de­re für Flug- und Schiffs­rei­sen. Wei­te­re Belas­tun­gen kön­nen von der Ernäh­rung auf Rei­sen aus­ge­hen (hoher Fleisch­an­teil in Restau­rants, Lebens­mit­tel­ver­schwen­dung durch Büf­fets). Hin­zu­kom­men kön­nen Flä­chen­kon­flik­te mit dem Natur­schutz und den Bedürf­nis­sen der ein­hei­mi­schen Bevöl­ke­rung oder schlech­te Arbeits­be­din­gun­gen in der Hotel­le­rie und Gas­tro­no­mie.

Der­zei­ti­ge Zer­ti­fi­zie­run­gen – Pro­ble­ma­tik

Es gibt ein brei­tes, unüber­sicht­li­ches Ange­bot an Zer­ti­fi­ka­ten (es wur­de die Anzahl von 43 bestehen­den Zer­ti­fi­ka­ten genannt). Meist beschrän­ken sich die­se auf unter­schied­li­che öko­lo­gi­sche Kri­te­ri­en und die Vor­ga­ben, nach denen die Zer­ti­fi­ka­te aus­ge­stellt wer­den, blei­ben oft­mals intrans­pa­rent. Selbst Rei­se­ver­mitt­ler kön­nen die Ange­bo­te meist kaum bewer­ten und ihre Kund­schaft daher nicht umfas­send bera­ten. Dadurch ent­steht ein Infor­ma­ti­ons­de­fi­zit: Immer mehr Pri­vat­rei­sen­de legen Wert dar­auf, Belas­tun­gen durch ihre Rei­sen zu mini­mie­ren und Unter­neh­men haben sich immer häu­fi­ger anspruchs­vol­len Kli­ma­zie­len ver­pflich­tet, die sich auch auf die Geschäfts­rei­sen aus­wir­ken müs­sen.

Anfor­de­run­gen und Chan­cen durch Zer­ti­fi­zie­run­gen

Zer­ti­fi­ka­te müs­sen wis­sen­schaft­li­chen Erkennt­nis­sen fol­gen (bspw. dem 1,5 Grad-Ziel) und den Markt durch­drin­gen, also in der Bran­che ver­brei­tet sein und in der Öffent­lich­keit einen gewis­sen Bekannt­heits­grad haben. Sie müs­sen ehr­gei­zi­ge Zie­le ver­fol­gen, indem sie Ansprü­che an eine umfas­sen­de Nach­hal­tig­keit stel­len (bspw. Kli­ma­schutz, Bio­di­ver­si­tät, Arbeits­be­din­gun­gen). Dazu müs­sen die Kri­te­ri­en mess­bar und über­prüf­bar sein. Bench­marks müs­sen mög­lich sein. Durch­aus im Wider­spruch zu den Ansprü­chen an ein Zer­ti­fi­kat­sys­tem kann ste­hen, dass die Zer­ti­fi­ka­te ver­stan­den wer­den müs­sen und dafür nicht zu vie­le Bewer­tungs­aspek­te ent­hal­ten soll­ten. An Zer­ti­fi­ka­te müs­sen Min­dest- und Aus­schluss­kri­te­ri­en gestellt wer­den.

„Inner­deutsch hat sich Zug gegen Flie­ger durch­ge­setzt“

So lau­tet das Fazit einer aktu­el­len Geschäfts­rei­se­ana­ly­se. Erstellt wur­de die­se vom „Ver­band Deut­sches Rei­se­ma­nage­ment e.V.“ (VDR), der sich auf Geschäfts­rei­sen spe­zia­li­siert hat. Dem­nach wer­den ins­be­son­de­re gro­ße und bör­sen­no­tier­te Unter­neh­men immer mehr in die Pflicht genom­men, über ihr nach­hal­ti­ges Han­deln zu berich­ten. Der Anteil der Fir­men, die sich aktiv für mehr Nach­hal­tig­keit im Geschäfts­rei­se­be­reich ein­set­zen stei­ge wei­ter. Kon­kret wir­ke sich das so aus, dass die Anzahl von Geschäfts­rei­sen auch nach Coro­na redu­ziert blie­be und „der Wech­sel von Flug zu Zug sich inner­deutsch inzwi­schen durch­ge­setzt“ habe.