Auf die Verkehrsbelastung in Stuttgart, im Bild der Schadstoff-Rekordhalter am Neckartor, würde sich der Nordostring wohl kaum positiv auswirken.
01. Juni 2016
Presseerklärung
Neue Anfrage an Bundesregierung zeigt: Nordostring muss umweltfachlich nochmal bewertet werden – Keine mit anderen Straßenprojekten abgestimmte Planung
Die Bundesregierung zweifelt offenbar an der umwelt- und naturschutzfachlichen Bewertung von Verkehrsminister Dobrindt und kündigt an, diese im Zuge der Überarbeitung des Bundesverkehrswegeplan-Entwurfs zu überprüfen. Dies geht aus deren Antwort auf eine Anfrage des Grünen-Bundestagsabgeordneten Matthias Gastel hervor. Demnach sei über „die angewandten Kriterien/Umweltindikatoren und deren Bewertung als hohe, mittlere oder geringe Umweltbetroffenheit“ noch zu diskutieren. Gastel, der dem Verkehrsausschuss angehört, fordert nun, dass dies noch geschieht, bevor die Bundesregierung über den Bundesverkehrswegeplan entscheidet: „Und wenn die Bewertung für den Nordostring anders ausfällt als für den BVWP 2003, dann muss detailliert begründet werden, wodurch diese zustande kam.“
Die Tatsache, dass das Bundesverkehrsministerium die negativen Umweltauswirkungen des Nordostrings im Entwurf für den neuen Bundesverkehrswegeplan nur noch als „mittel“ einstuft, legt die Konflikte des Verkehrsministeriums mit Umweltbehörden offen. Im BVWP 2003 wurden diese noch wesentlich kritischer bewertet. Bereits im Vorfeld der Veröffentlichung bemängelte Bundesumweltministerin Hendricks, dass der Entwurf des Verkehrsministers wesentliche Umwelt‑, Naturschutz- und Klimaschutzanforderungen nicht erfülle. Das Umweltbundesamt (UBA) – einer dem Bundesumweltministerium zugeordneten Behörde – hatte insbesondere den zu hohen Flächenverbrauch, aber auch die aus neuen Straßen resultierenden Zunahme des Klimakillers Kohlendioxid kritisiert. Nach Ansicht des UBA verstößt der BVWP-Entwurf gleich gegen 11 von 12 Umweltzielen der Bundesregierung. Gastel: „Dobrindts Entwurf pfeift auf alles, was in Sachen Klima- und Umweltschutz je vereinbart wurde. Es wird Zeit, dass die zuständige Ministerin eingreift und den Verkehrsminister über gültige Umweltziele aufklärt.“
Sehr aufschlussreich ist die Bestätigung der Bundesregierung, dass der Nordostring Stuttgart als Teil einer durchgehenden Verbindung bis ins bayerische Nördlingen und als Autobahnzubringer zur A 7, Flensburg – Würzburg – Ulm gesehen wird. Die Bundesregierung räumt in ihrer Antwort denn auch ein, dass es sich um keine Projektidee handelt, die mit anderen Straßenbauvorhaben wie dem Rosensteintunnel in Stuttgart abgestimmt wurde. Die Grünen hatten danach gefragt, weshalb es verkehrlich und wirtschaftlich sinnvoll sei, erst den Rosensteintunnel für 270 Millionen Euro zu bauen und dadurch die Straßenverkehrskapazität in der Landeshauptstadt zu erhöhen, um dann mit dem Nordostring eine große, autobahnähnliche Straße um die Stadt herum bauen zu wollen. Das Bundesverkehrsministerium antwortete darauf ausweichend, dass es sich beim Rosensteintunnel um keine Maßnahme des Bundes handle, auch wenn er mit Bundesmitteln gebaut werde. Für Matthias Gastel ist dies der eindeutige Beleg, dass es der Bundesregierung nicht um die Entlastung der Stadt Stuttgart geht: „Hier wird eine völlig neue, großräumige Verkehrsachse geplant, die sich nicht mit anderen Planungen in Stuttgart verträgt und damit auch nicht der Entlastung der schadstoffbelasteten Menschen in Stuttgart dient.“ Für den Abgeordneten ist damit klar: „Der Nordostring gehört aus dem Bundesverkehrswegeplan gestrichen.“