Fast 70 Jahre lang fuhr auf der Ablachtalbahn zwischen Mengen (bei Sigmaringen) und Stockach (Unweit des Bodensees) kein Personenverkehr mehr. Immer wieder sonntags ändert sich das. Kommt das Angebot an allen Wochentagen?
Der weiter südlich befindliche Streckenteil von Stockach nach Radolfzell war bereits 1996 reaktiviert worden („Seehäsle“). Der Nordabschnitt war überwiegend befahrbar (vor einigen Jahren wegen Überflutung durch einen Biberbau gesperrt) und ist für ein metallverarbeitendes Unternehmen sogar grundlegend. „Tegometall“ in Krauchenwies wird mit 20 bis 30 Tonnen schweren Stahl-„Coils“ beliefert, die sich praktisch ausschließlich auf der Schiene transportieren lassen. Vor Jahren hatte ich das sehr bahnaffine Unternehmen, das sich für eine Reaktivierung/Sanierung stark gemacht hat, besucht. Siehe https://www.matthias-gastel.de/zukunft-fuer-die-ablachtalbahn/.
Seit einigen Jahren wird die Strecke, die wegen ihrer Biberschäden an einem Damm auch „Biberbahn“ genannt wird, wieder mit Personenzügen befahren, wenngleich nur an Sonntagen mit drei Zugpaaren (sechs Fahrten insgesamt). Kürzlich habe ich in Begleitung örtlicher Grüner und von Severin Rommeler, Bürgermeister von Sauldorf und Vorsitzender des Fördervereins Ablachtalbahn, eine Fahrt unternommen. An meiner Station, an der ich zugestiegen bin, standen schon viele wartende Fahrgäste, darunter nicht wenige mit ihren Fahrrädern. Zunächst hatte ich mich mit dem Zugbegleiter unterhalten. Dieser ist, wie auch die Triebfahrzeugführerin, auf Minijobbasis beim Verein angestellt. Er berichtete, dass das Angebot sehr gut angenommen werde. Am Sonntag zuvor seien 300 Fahrgäste (50 im Schnitt pro Zug) mit 60 Fahrrädern mitgefahren. Auch „unser“ Zug war rappelvoll. Die Nachfrage sei jedoch stark wetterabhängig, so der Zugbegleiter. Das Deutschlandticket wird anerkannt.
Der Bürgermeister erläuterte während der Fahrt, dass die Bahnsteige von den jeweiligen Gemeinden in Eigenleistung hergestellt worden wären. Drei Wochen und 20.000 bis 25.000 Euro habe man dafür eingesetzt. Sein Wunsch sei der Stundentakt die ganze Woche über. Dafür müsste ein Kreuzungsbahnhof in Mühlingen (die dortige Station ist ganz neu) eingerichtet und ein weiterer in Krauchenwies hergerichtet werden (Gleise vorhanden). Er selbst könne für seine Gemeinde sagen, dass die Bahn schon jetzt ein Gewinn sei, da Gäste kämen und gerade die Gastronomie profitiere. In seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Fördervereins konnte er noch mehr berichten: So, dass die Strecke auch für Holztransporte genutzt würde. Zum bereits erwähnten Wunsch nach einem Stundentakt ergänzte er: Es brauche ein neues Stellwerk. Doch hierbei gebe es einen Klärungsbedarf mit der SWEG bzw. dem Landkreis Konstanz. Diese wollten für die Seehäsle-Strecke ein neues Stellwerk bauen. Dabei sei es vorteilhafter, ein gemeinsames Stellwerk für beide Strecken in Angriff zu nehmen. Man spare Investitionskosten und könne dafür auf einen hohen Bundeszuschuss zurückgreifen. Ich habe zugesagt, meinen Beitrag zur Klärung beizutragen.
Nach interessanten Gesprächen waren wir in Stockach, wo die gemeinsame Reise endete. Dort warteten bereits sehr viele Fahrgäste, nicht wenige mit ihren Fahrrädern, auf die Fahrt Richtung Donautal.
Hintergrund-Infos:
Die Strecke gehört nicht mehr der DB, sondern befindet sich in kommunalem Besitz. Für eine Reaktivierung (Modernisierung) wurde im Rahmen einer Machbarkeitsstudie empfohlen: Die Erhöhung der Streckengeschwindigkeit auf 100 km/h sowie die Aufhebung oder technische Sicherung/Umbau der Bahnübergänge. Für das Vorhaben wurde ein positives Nutzen-Kosten-Verhältnis von 1,3 errechnet.
Blick nach vorne
In der erwähnten Studie wird der durchgehende Stundentakt mit batterieelektrischen Triebzügen zwischen Radolfzell und Mengen unterstellt. Die Strecke von Krauchenwies nach Sigmaringen war bereits im Jahr 1971 abgebaut worden. Das ist mehr als bedauerlich, da sich in Sigmaringen gute Umsteigeoptionen ergeben würden. Eine Verlängerung bis Sigmaringen gilt jedoch leider als nicht wirtschaftlich. Eine solche wäre 40 Millionen Euro teurer, brächte aber keine entscheidenden Gewinne an Personenkilometern, um Mehrkosten und nicht unerhebliche Zeit- und Kostenrisiken zu rechtfertigen. Aktuell laufende Untersuchungen sollen Ende 2025 abgeschlossen sein und dann eine politische Entscheidung über die Reaktivierung/Sanierung zwischen Mengen und Stockach ermöglichen. Die Investitionssumme liegt bei 75 Millionen Euro.