01.04.2021
Einzig das Straßennetz wächst
Wenige Fakten belegen das Dilemma: Im Jahr 2019 wurden 233 Kilometer Straßen des Bundes neu gebaut oder mit zusätzlichen Fahrspuren versehen. An Schienenwegen waren es 9 Kilometer und im vergangen Jahr kam nicht einmal ein einziger Meter neuer Schienenweg hinzu.
Im laufenden Jahr kann es nicht wesentlich anders kommen: Für den Aus- und Neubau von Straßen des Bundes stehen 3,1 Milliarden Euro zur Verfügung. Hinzu kommen ÖPP-Projekte, die nicht über den Bundeshaushalt, sondern mit Mitteln aus der Wirtschaft vorfinanziert werden und den öffentlichen Haushalt erst später belasten. Für den Aus- und Neubau der Schienenwege stehen 1,6 Milliarden Euro zur Verfügung. Da diese Schieflage seit Jahrzehnten besteht, haben wir eine massive Auseinanderentwicklung zwischen den Verkehrsträgern. Während in Deutschland jedes Haus durch eine Straße erschlossen wird und wir über eines der dichtesten Straßennetze weltweit verfügen, sind 123 Mittelzentren in Deutschland mit fast 1,8 Mio. Einwohnerinnen und Einwohner nicht an das im Personenverkehr betriebene Bahnnetz – Eisenbahn, U‑Bahn, Stadtbahn, Straßenbahn – angeschlossen.[1]
Der Auf- und Ausbau des deutschen Fernstraßennetzes muss als nahezu vollständig abgeschlossen gelten. Daraus resultieren zwei Forderungen: Wir müssen wegkommen von der „Logik“ des Bundesverkehrswegeplans (BVWP). Der letzte wurde 2016 beschlossen und sieht weit über 1.300 Straßenaus- und Neubauten vor. Während sich die ersten der darin enthaltenen Straßen längst im Bau befinden, wurden die Schienenprojekte noch nicht einmal alle bewertet. Straßen befinden dich also in Umsetzung und zugleich wird der Bedarf bei der Schiene noch immer geprüft. Die Ära des BVWP muss enden. Wir brauchen einen Bundesnetzplan, in dem nur noch Infrastruktur vorzusehen ist, mit der sich Umwelt- und Klimaziele erreichen lassen. Im Entwurf für das Bundestagswahl-Programm wird denn auch gefordert, dass alle noch nicht planfestgestellten Straßenbauprojekte auf den Prüfstand gestellt und nach ökologischen Kriterien neu bewertet werden müssen. Zweitens müssen die Aus- und Neubaumittel für die Schienenwege in einem ersten Schritt auf 3 Milliarden Euro verdoppelt werden. Für die Finanzierung wollen wir auch Einnahmen aus der Lkw-Maut einbeziehen. Diese fließen derzeit vollständig in den Straßenbau. Das ist absurd, wenn man wirklich Verkehre, insbesondere auch Güterverkehr, von der Straße auf die Schiene verlagern möchte.
[1] https://www.allianz-pro-schiene.de/wp-content/uploads/2020/07/200709_vdv_brosch%C3%BCre_reaktivierung-von-eisenbahnstrecken.pdf