Südbadens (strittige) Verkehrsprojekte

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Freiburg119.04.2016

Lang­jäh­ri­ge Aus­ein­an­der­set­zun­gen um den Aus­bau der Rhein­tal­bahn, der Streit um den Lärm des Flug­ha­fens Zürich, Pro­jek­te des Bun­des­ver­kehrs­we­ge­plans und Dis­kus­sio­nen um den Zustand von Bahn­hö­fen – auch Süd­ba­den ist reich an viel­fach emo­tio­nal geführ­ten Ver­kehrs­the­men.

Der Streit um den Aus­bau der Rhein­tal­bahn ist vor­läu­fig weit­ge­hend bei­gelegt, da sowohl der Land­tag als auch der Bun­des­tag den Emp­feh­lun­gen des Pro­jekt­bei­ra­tes gefolgt ist. Das Bun­des­ver­kehrs­mi­nis­te­ri­um hat daher kon­se­quen­ter­wei­se das 3. und 4. Gleis auf die­ser Grund­la­ge für den „Vor­dring­li­chen Bedarf“ des Bun­des­ver­kehrs­we­ge­plans (BVWP) vor­ge­schla­gen. Eini­ge Teil­aspek­te blei­ben strit­tig. Dazu zählt die Fra­ge, auf wel­che Maxi­mal­ge­schwin­dig­keit der süd­li­che Stre­cken­ab­schnitt gebaut wer­den soll. „Tem­po 250“ sagt die Bun­des­re­gie­rung und ver­weist auf eine angeb­li­che Ver­knüp­fung mit EU-För­der­mit­teln. Eine sol­che Vor­ga­be aus Brüs­sel exis­tiert jedoch nicht. Mei­ne Mei­nung: Es geht nicht dar­um, die letz­te Minu­te her­aus­zu­ho­len, son­dern einen inte­gra­len Takt­fahr­plan zu ermög­li­chen. Dies bedeu­tet: Die Fahrt­zei­ten zwi­schen defi­nier­ten Kno­ten­bahn­hö­fen müs­sen so bemes­sen sein, dass sich dort opti­ma­le Umstei­ge­mög­lich­kei­ten erge­ben. Dar­an müs­sen künf­tig Inves­ti­tio­nen in die Schie­nen­we­ge aus­ge­rich­tet wer­den.

Vom Land für den BVWP ange­mel­det, vom Bund aber (noch) weder für den Vor­dring­li­chen noch den Wei­te­ren Bedarf vor­ge­se­hen ist die Aus­bau­stre­cke Kehl-Appen­wei­er. Dabei geht es um die Beschleu­ni­gung des Bahn­ver­kehrs nach Straß­burg und Paris. Die­ses Vor­ha­ben stand bereits 2003 im Bun­des­ver­kehrs­we­ge­plan. Gesche­hen ist nichts. Nun hat die Bun­des­re­gie­rung den Ent­wurf für die nächs­te BVWP-Gene­ra­ti­on vor­ge­legt. Jedoch sind – trotz einem Jahr Ver­zö­ge­rung – noch nicht alle Schie­nen­pro­jek­te bewer­tet wor­den. Dar­un­ter fällt auch die­ses.

Eben­falls vom Land ange­mel­det, aber vom Bund über­haupt nicht für den BVWP vor­ge­se­hen, ist der Wie­der­auf­bau von zwei Bahn­brü­cken hin­über nach Frank­reich. Die eine soll von Brei­sach über Neuf-Bri­sach nach Col­mar füh­ren, die ande­re von Ras­tatt nach Roes­chwoog. Bei­de waren einst Bahn­brü­cken, die gegen Kriegs­en­de von der Wehr­macht zer­stört und spä­ter als Stra­ßen­brü­cken wie­der auf­ge­baut wur­den. Neue Bahn­brü­cken könn­ten die Umset­zung span­nen­der Nah­ver­kehrs­kon­zep­te ermög­li­chen. Könn­ten. Denn eine Finan­zie­rung ist nicht abseh­bar. Der Bund möch­te kei­ne der bei­den in den BVWP auf­neh­men.

Auch nicht im BVWP-Ent­wurf ent­hal­ten ist die Elek­tri­fi­zie­rung der hin­te­ren Höl­len­tal­bahn. Zwi­schen Neu­stadt und Donau­eschin­gen wer­den die Züge ver­mut­lich noch sehr lan­ge von Die­sel­loks gezo­gen wer­den müs­sen.

Freu­en wer­den sich hin­ge­gen vie­le, wenn­gleich längst nicht alle, über die vor­ge­se­he­ne Ein­stu­fung des Stadt­tun­nels Frei­burg in den Vor­dring­li­chen Bedarf (VB). Die­ses Stra­ßen­pro­jekt, das für Frei­burg neue Chan­cen für die Stadt­ent­wick­lung bie­tet, könn­te damit bis 2030 in Angriff genom­men wer­den. Das Land hat­te die­ses Vor­ha­ben mit hoher Dring­lich­keit ange­mel­det. Die Rea­li­sie­rung hängt nun von der Finan­zie­rung des Bun­des ab. Aller­dings muss dar­auf hin­ge­wie­sen wer­den, dass vor­aus­sicht­lich längst nicht alles, was letzt­lich im VB ste­hen wird, bis zum Ziel­jahr 2030 finan­ziert wer­den kann.

 

Zustand der Bahnhöfe im Raum Freiburg/Südbaden

Die Bahn­hö­fe sind für die Fahr­gäs­te die Zugangs­punk­te zum Sys­tem Eisen­bahn. Vie­le Ver­kehrs­sta­tio­nen stel­len dar­über hin­aus wich­ti­ge Ver­knüp­fungs­punk­te mit ande­ren öffent­li­chen Ver­kehrs­mit­teln dar. Nur durch voll­stän­di­ge Bar­rie­re­frei­heit sowie einen guten tech­ni­schen Zustand, kön­nen die Sta­tio­nen die­sen Funk­tio­nen jedoch umfäng­lich gerecht wer­den. Hier­von sind zahl­rei­che Bahn­hö­fe im Raum Frei­burg aber weit ent­fernt. So wei­sen eini­ge Ver­kehrs­sta­tio­nen nicht die nöti­ge Bar­rie­re­frei­heit auf und ver­weh­ren so mobi­li­täts­ein­ge­schränk­ten Rei­sen­den die Nut­zung. Ande­re Bahn­hö­fe sind auf­grund bau­li­cher Män­gel oder erheb­li­cher Ver­schmut­zun­gen wenig ein­la­dend. Aus die­sen Grün­den habe ich die Zustän­de der Sta­tio­nen abge­fragt und aus­ge­wer­tet.

Ergeb­nis­se, kurz zusam­men gefasst: Die Bar­rie­re­frei­heit und der Wet­ter­schutz sind beson­ders ein Pro­blem auf der Rhein­tal­bahn und der Höl­len­tal­bahn. So befin­den sich alle Sta­tio­nen im Raum Frei­burg, die weni­ger als 40% der mög­li­chen Punk­te errei­chen, auf die­sen bei­den Bahn­stre­cken. Trau­ri­ges Schluss­licht ist hier­bei die Sta­ti­on Müll­heim. Der Umstei­ge­punkt in Rich­tung Mul­house erreicht nicht ein­mal ein Vier­tel der erreich­ba­ren Punk­te. Auch fünf wei­te­re Sta­tio­nen im Frei­bur­ger Umfeld errei­chen gera­de ein­mal ein Drit­tel der mög­li­chen Punk­te – dar­un­ter auch die stär­ker fre­quen­tier­ten Bahn­hö­fe in Lahr und Neu­stadt. Ins­ge­samt ist es um Bar­rie­re­frei­heit und Wet­ter­schutz im Raum Frei­burg nicht gut bestellt, denn gera­de ein­mal ein Drit­tel der Sta­tio­nen erreicht dort mehr als 60% der erziel­ba­ren Punk­te in die­ser Kate­go­rie. Gegen­über dem ers­ten Bewer­tungs­jahr 2008 gab es an ledig­lich vier die­ser 47 Pro­blem­sta­tio­nen eine nen­nens­wer­te Ver­bes­se­rung.

Wäh­rend merk­li­che Ver­bes­se­run­gen meist auf weni­ge Sta­tio­nen begrenzt sind, las­sen sich im an zahl­rei­chen Sta­tio­nen deut­li­che Ver­schlech­te­run­gen aus­ma­chen. Als beson­ders nega­tiv anzu­se­hen ist die Kon­zen­tra­ti­on der Män­gel auf ein­zel­ne Berei­che – so zum Bei­spiel die man­geln­de Bar­rie­re­frei­heit sowie unzu­rei­chen­de Aus­rüs­tung mit Wet­ter­schutz­ein­rich­tun­gen auf der Rhein- und Höl­len­tal­bahn oder die Zustands­ver­schlech­te­run­gen auf der Elz­tal­bahn. Für die dor­ti­gen Bür­ge­rin­nen und Bür­ger lei­det die Attrak­ti­vi­tät der Eisen­bahn erheb­lich unter dem Zustand der Sta­tio­nen.

Die Sta­tio­nen müs­sen wie­der zu attrak­ti­ven Visi­ten­kar­ten des Bahn-Sys­tems wer­den. Dazu müs­sen sie sich in einem tech­nisch und optisch ein­wand­frei­en Zustand befin­den und allen Rei­sen­den den selbst­stän­di­gen Zugang zum Zug ermög­li­chen. Denn nur mit qua­li­ta­ti­ven hoch­wer­ti­gen Sta­tio­nen las­sen sich zusätz­li­che Fahr­gäs­te für die Schie­ne gewin­nen.