Besuch im Forschungszentrum DITF Denkendorf
Die ersten Wurzeln hat das DITF (Deutsche Institute für Textil- und Faserforschung)
im Jahr 1855, als in Reutlingen eine Webschule gegründet wurde. Als offizielles Gründungsjahr gilt 1921. Später kamen ein Prüfamt und ein Forschungsinstitut hinzu. Heute besteht DITF aus den drei Forschungsbereichen Textilchemie und Chemiefasern, Textil- und Verfahrenstechnik sowie dem Management Research (Künstliche Intelligenz für bessere Passformen für Kleidung). Gearbeitet wird „an allen textilen Zukunftsthemen“, so verrät es die Homepage der Stiftung des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg untersteht. Es besteht eine Anbindung an die Uni Stuttgart und die Hochschule Reutlingen. 300 Beschäftigte arbeiten in der Forschung und führen häufig auch Forschungsaufträge der Industrie, meist von kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU), aus.
Geforscht wird an hoch leistungsfähigen neuen Materialien, für die auch Mikro- und Nanotechnologie zum Einsatz kommen. Ein Beispiel sind Textilien mit funktionellem Mehrwert, zum Beispiel für bestimmte Berufssparten (Sicherheitskleidung), kompressive Sporttextilien oder auch beschichtete Textilien für Outdoor-Anwendungen. Bei letzteren geht es auch darum, den Einsatz umweltschädlicher Substanzen zu reduzieren oder zu ersetzen. Besonders interessant finde ich, dass es Kleidungsstücke, die über den Gesundheitszustand seines Trägers Auskunft geben und notwendige Reaktionen auslösen. So kann ein T‑Shirt, das ein Lkw-Fahrer trägt, der während der Fahrt das Bewusstsein verliert, das Abbremsen des Lastwagens und Heranfahren an den rechten Fahrbahnrand auslösen. Oder eine Feuerwehrjacke kann Alarm schlagen, wenn sein Träger aufgrund des Einatmens giftiger Gase Hilfe braucht. Wegen der noch hohen Kosten befinden sich diese Textilien noch nicht im Regeleinsatz.
„Textil“ ist jedoch weit mehr als Bekleidung. Konkrete Anwendungsfelder für Faserverbund-Materialien, die wenig Gewicht auf die Waage bringen und leicht zu formen sind und sich im Automobilsektor wiederfinden, sind: Verkleidungen, Sitze und Polsterflächen, faserbasierte Verbundwerkstoffe für den Leichtbau, Carbonfasern aus nachwachsenden Rohstoffen. Ein Thema bei DITF ist das Recycling. Dieses ist auch bei Carbon möglich, wenngleich das Material danach für hochanspruchsvolle Anwendungen wie in der Luftfahrt nicht mehr verwendet werden kann, wohl aber im Automobilbau.
Beim Rundgang durch die Gebäude konnte ich große Webmaschinen sehen, die Textilmatten aus Glasfaser und Carbon fertigten. Anhand von Mustern konnte ich Materialien verschiedenster Festigkeiten und Eigenschaften sehen. So können beispielsweise korrosionsgefährdete Metalle durch steife Carbonmaterialien ersetzt werden.