13.02.2015
An diesen Thementag war ich gemeinsam mit der Landestierschutzbeauftragten Dr. Cornelie Jäger in den Landkreisen Göppingen und Esslingen unterwegs. Nach einem Mittagessen mit einem Lokaljournalisten in einem veganen Restaurant in Esslingen ging die Tour los.
Erste Station: Tierheim Göppingen
Unsere erste Station war das Tierheim in Göppingen, unüberhörbar direkt an der B 10 gelegen. Mit der hauptamtlichen Tierheimleiterin, der stellvertretenden Vereinsvorsitzenden, einer ehrenamtlichen Helferin, Mitgliedern der Grünen aus Göppingen und einem Pressevertreter machten wir einen Rundgang durch die Gebäude und das Gelände. Zunächst schauten wir uns das Katzenhaus, das aktuell mit 40 Tieren besetzt war. Die Räume waren aber auch schon mal mit mehr als 100 Katzen belegt. Dies bedeutet leider keine Entwarnung: Viele Katzen sind schwer vermittelbar. Dase Tierheimteam wünscht sich daher ein Kastrationsgebot. Die Landestierschutzbeauftragte wies darauf hin, dass ein solches mit entsprechender Begründung vom Gemeinderat erlassen werden kann. Dann dürften nur noch kastrierte Katzen von ihren Haltern aus dem Haus gelassen werden. Bei den aktuell 25 Hunden zeigen sich Parallelen: Auch von ihnen sind einige kaum vermittelbar. Dies betrifft die Tiere mit entsprechender Vergangenheit und besonders herausforderndem Verhalten. Ziel bleibt aber bei allen Hunden die Vermittlung. Dafür wird mit ihnen trainiert. Steigende Zahlen gibt es bei den untergebrachten Kleintieren. Wie Ratten, Mäusen und Chinchillas. Leider nicht im Steigen begriffen sind die Zuschüsse und Spenden. Von den rund 300.000 Euro laufenden Kosten pro Jahr werden nur 30.000 aus kommunalen Hundesteuereinnahmen gedeckt. Zur Deckung des restlichen Finanzierungsbedarfs tragen auch die 500 Fördermitglieder des Trägervereins bei. Dabei steht der Neubau des in die Jahre gekommenen Hundehauses an.
Zweite Station: Bioland-Waldeckhof
Der Waldeckhof ist kein gewöhnlicher landwirtschaftlicher Betrieb. Er ist auch kein gewöhnlicher Biobauernhof. Hier wird soziale Landwirtschaft betrieben. Auf dem Hof arbeiten langzeitarbeitslose Menschen mit „multiplen Vermittlungshemmnissen“ (z. B. psychische Beeinträchtigungen oder körperliche Handicaps). Diese erhalten den Zugang zur Arbeit auf dem Hof über das JobCenter im Landkreis Göppingen. Außerdem gibt es einige Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung. Projektträger ist die Staufen Arbeits- und Beschäftigungsförderung gGmbH. Deren Gesellschafter sind die Kirchen und das Paritätische Wohlfahrtswerk. Bewirtschaftet werden 45 Hektar, davon ca. 16 Hektar Ackerland. Gehalten werden Limpurger Rinder, Schweine, Gänse, Hühner und vor allem Ostfriesische Milchschafe. Die Tiere werden – davon konnten wir uns überzeugen – artgerecht gehalten. Das heißt, sie haben Auslauf, können also frische Luft und Sonne tanken. Der Träger betreibt außer dem Hof noch einen Gartenbaubetrieb, eine Hauswirtschaft, eine Fahrradwerkstatt und ein Hofcafé mit Hofladen sowie einen Imbiss mit insgesamt rund 200 Beschäftigten. Zwei der Teilbetriebe davon werden hier kurz vorgestellt: Hofcafé und Hofladen Täglich werden frische Kuchen und Torten hergestellt. Im Hofladen werden auch eigene Produkte, so Schafskäse, Lamm‑, Schweine- und Rinderfleisch sowie Gänse aus artgerechter Haltung verkauft. Suppentöpfle Der Träger betreibt in Göppingens Innenstadt ein Restaurant, in dem Suppen und Eintöpfe, Snacks und Salate serviert werden. Alles ist nach Bioland zertifiziert. Vieles stammt aus eigener landwirtschaftlicher Produktion. Auch hier: Finanzierungsprobleme Dass der Bund seine finanzielle Unterstützung von Arbeitsmarktförderung massiv zurück gefahren, ja sogar halbiert hat, merkt man auch in Göppingen. Um andere, meist auf Projektlaufzeiten befristete, Fördermittel von zumeist europäischer Ebene zu erhalten, müssen große Anstrengungen unternommen und bürokratische Hürden überwunden werden.
Öffentliche Abendveranstaltung
Der Thementag schloss mit einer öffentlichen Veranstaltung unter dem Motto „Wie kann ein nachhaltiger Tierschutz aussehen?“ in Filderstadt. Matthias Gastel führte mit einem Blick in die Bundespolitik ein. Der Vertrag der großen Koalition enthält zwar viele gute Ansätze wie beispielsweise ein Verbot von kommerziellen Tierbörsen mit exotischen Tieren, der Stärkung der Agrarforschung fürs Tierwohl, einem EU-weiten Tierwohl-Label und dem Versprechen für mehr Forschung an Ersatzmethoden für Tierversuche. Leider aber wird bislang nichts davon ernsthaft angegangen. Vielmehr wird der exportorientierten Fleischerzeugung Vorschub geleistet und es werden Exportbürgschaften für die Ausfuhr von Käfigen zur Legebatteriehaltung von Hühnern vergeben – eine tierquälerische Haltung von Legehühnern, die bei uns verboten ist. Cornelie Jäger, die als erste Tierschutzbeauftragte des Landes dem Ministerium für Ländlichen Raum eingegliedert ist, berichtete aus ihrer Arbeit. Sie sprach davon, dass in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung nicht Tierhalter alleinige Verursacher von Tierleid sind, sondern auch die Verbraucher in der Pflicht sind. Die Wertschätzung von Tieren ist notwendig bei Erzeugern, im Handel und bei den Konsumenten. Daher setzt sie sich für eine leicht verständliche Deklarierung von Fleisch ein. So könnte – analog zu Eiern – die „null“ auf der Verpackung für „Bio“ und damit den höchsten Tierschutzstandard stehen. Abgestuft könnte diese Kennzeichnung dann bis zur „drei“ reichen, die für den gesetzlichen Tierschutzstandard steht.