Erstmals wurde ein Mitglied der Linken zum Ministerpräsidenten gewählt. Er wird eine rot-rot-grüne Landesregierung anführen. Begeistern kann ich mich dafür nicht. Richtig finde ich es aber doch. Ich stelle im Westen der Republik so manche Überheblichkeit und Ignoranz fest. Hier lässt sich die Linke mit ihren Landtagswahlergebnissen von zwei bis sechs Prozent leicht übergehen. Und hier ist die Linke auch weder koalitionswillig noch ‑fähig. Anders in den östlichen Bundesländern und ganz besonders in Thüringen: Die Linke lässt sich dort mit ihren 28 Prozent – ihrem mit Abstand besten Ergebnis in einem Bundesland – nicht wegdiskutieren. Hinzu kommt, dass sie von ihren beiden Koalitionspartnern zu einem klaren Eingeständnis, dass die DDR ein Unrechtsstaat war, gezwungen wurde. Wer zuvor hat die Linke dazu gebracht, sich mit ihrer Vergangenheit so intensiv auseinanderzusetzen? Die CDU, die jetzt lauthals über den angeblichen Untergang des Landes, in Wirklichkeit aber über ihren Machtverlust jammert, sicherlich nicht. Auch wenn die Union versucht, es anders darzustellen: Ein Modell für den Bund wird in Thüringen nicht getestet. Die (bisherigen) Positionen der Linken in der Außenpolitik sind mit denen einer grünen Menschenrechtspartei nicht vereinbar. Und auch in der Haushaltspolitik gibt es erhebliche Differenzen. Und doch halte ich es für richtig, im Vorfeld der nächsten Bundestagswahl kein Bündnis von vornherein auszuschließen, weder Rot-Grün-Rot noch Schwarz-Grün. Was geht, sieht man dann nach der Wahl. Wo rechnerische Mehrheiten für eine Regierungsbildung vorhanden sind, müssen letztlich die Inhalte darüber entscheiden, was tatsächlich zustande kommt.