Die Mitglieder des Bundestages werden derzeit in teilweise großer Anzahl von Gastronomiebetrieben angeschrieben, die sich über den Mindestlohn, aber auch die Dokumentationspflichten und das (überhaupt nicht veränderte!) Arbeitszeitschutzgesetz beschweren.
Mein Antwortschreiben lautet:
“Sehr geehrte Frau x, sehr geehrter Herr y,
die Einführung des allgemeinen Mindestlohnes halten wir für wirtschafts- und sozialpolitisch überfällig. Auch sind wir der Überzeugung, dass ein Mindestlohn ohne Kontrollmöglichkeiten keine flächendeckende Wirksamkeit entfalten kann.
Ohne eine Dokumentation der Arbeitszeiten ist eine Überprüfbarkeit des Mindestlohns aber nicht zu gewährleisten. Auch erscheint der Aufwand für Aufzeichnung der Arbeitszeit in der Summe überschaubar. Es geht dabei insbesondere um den Beginn, Ende und Dauer der Arbeitszeit. Es bestehen keine besonderen Formvorschriften. Laut Aussage des Arbeitsministeriums genügen selbst handschriftliche Aufzeichnungen. Der Arbeitgeber kann die Arbeitszeit auch von der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer aufzeichnen lassen.
Zudem möchten wir darauf hinweisen, dass die gesetzlichen Höchstgrenzen für die Arbeitszeit durch den Mindestlohn nicht verändert wurden. Das Arbeitszeitgesetz besagt seit 1994, dass die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer acht Stunden nicht überschreiten darf. Auf bis zu zehn Stunden kann sie dann verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Wir Grüne halten diese Regelung grundsätzlich für angemessen, um den Schutz der ArbeitnehmerInnen und die Flexibilitätswünsche der ArbeitgeberInnen in Einklang zu bringen.
Die Unsicherheiten bei der Umsetzung des Mindestlohnes sind bedauerlich. Allerdings halten wir es für sinnvoller, Korrekturen erst zu fordern, wenn die Probleme wirklich nachweisbar klar sind. Wenige Wochen nach Einführung ist es dafür definitiv zu früh.
Ich ergänze diese politischen Einschätzungen noch um eine persönliche als früherer Arbeitgeber mit bis zu 35 Beschäftigten: Meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben täglich ihre Arbeitszeiten (Beginn der Arbeitszeit, Lage und Dauer der Pause, Ende der Arbeitszeit) dokumentiert und mit Unterschrift bestätigt. Ich wurde, während ich mein Unternehmen führte, mehrfach von Behörden auch auf Einhaltung des Arbeitszeitschutzgesetzes überprüft. Dass dies bislang nicht in allen Branchen üblich war, kann aus meiner Sicht kein Grund sein, dies jetzt plötzlich als unzumutbare Bürokratie zu brandmarken.
Im Bundestag wie auch in der Gesellschaft gab und gibt es eine sehr große Mehrheit für den Mindestlohn. Dass dieser nach der Beschlussfassung nun auch umgesetzt und seine Einhaltung kontrolliert werden muss sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Wenn sich dies mit weniger bürokratischem Aufwand gewährleisten lässt, so bin ich und so sind wir Grünen im Bundestag sofort dafür zu gewinnen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Matthias Gastel”