Über Flugroute „Tedgo“ im Gespräch

Lärm, auch Flug­lärm, lässt sich zwar berech­nen und mes­sen, wird aber sub­jek­tiv sehr unter­schied­lich wahr­ge­nom­men. Auf den Fil­dern sind wir mit Auto­bahn, B 27 und Flug­ha­fen mit viel­fäl­ti­gen Erfah­run­gen aus­ge­stat­tet: Men­schen, die in unmit­tel­ba­rer Nach­bar­schaft woh­nen, bekla­gen sich ent­we­der über Lärm, neh­men die­sen gar nicht wahr oder emp­fin­den die­sen womög­lich durch Gewöh­nungs­ef­fek­te als nicht (mehr) stö­rend. Davon ist auch die aktu­el­le TED­GO-Flug­rou­ten-Debat­te geprägt.

Rund um die neue Flug­rou­te sind aus mei­ner Sicht eini­ge Din­ge nicht gut gelau­fen. Vor einer Bewer­tung von Vor­schlä­gen für eine neue Flug­rou­te neue Mit­glie­der in die Flug­lärm­kom­mis­si­on auf­zu­neh­men, zeugt von wenig Sen­si­bi­li­tät und macht Bürger*innen ver­ständ­li­cher­wei­se miss­trau­isch. Hin­zu kommt, dass die neue Flug­rou­te als Ver­such lau­fen soll­te, ohne dass zuvor eine Defi­ni­ti­on von Erfolg oder Miss­erfolg vor­ge­nom­men wor­den wäre. Schon heu­te und damit vor der Vor­stel­lung des abschlie­ßen­den Gut­ach­tens ist abseh­bar, dass die Bewer­tun­gen des Ver­suchs weit aus­ein­an­der gehen und auf­ge­bau­te Fron­ten wei­ter­be­stehen blei­ben wer­den. In der Sache an sich sehe ich kei­nen Grund für die ent­stan­de­ne Eska­la­ti­on des Streits. Man muss über neue Flug­rou­ten spre­chen dür­fen, die in Sum­me deut­lich mehr Men­schen ent­las­ten als belas­ten, wenn die Ent­las­tun­gen stär­ker aus­fal­len als die Belas­tun­gen. Dies muss aber in einem trans­pa­ren­ten Ver­fah­ren mit guter Kom­mu­ni­ka­ti­on gesche­hen. Zurück zur kon­kre­ten, lei­der sehr ver­fah­re­nen Situa­ti­on: Die Lärm­pro­gno­se und auch das Zwi­schen­er­geb­nis von Mes­sun­gen legen nahe, dass die rea­len Aus­wir­kun­gen über­schau­bar sind. Die neue Flug­rou­te wur­de mona­te­lang wegen der Wind­ver­hält­nis­se wenig geflo­gen und die Zu- und Abnah­men der Lärm­pe­gel ver­än­dern an den meis­ten Orten nur wenig. Die all­ge­mei­ne Zunah­me des Flug­ver­kehrs nach den sehr ruhi­gen Coro­na-Jah­ren macht es über­dies schwie­rig, Flug­lär­m­ereig­nis­se danach zu unter­schei­den, ob die­se auf die neue Flug­rou­te oder aber auf die Zunah­me der Flug­be­we­gun­gen zurück­zu­füh­ren sind. Sie wer­den von vie­len Men­schen schlicht­weg als beläs­ti­gend wahr­ge­nom­men.

In vie­len Gesprä­chen mit Bürger*innen, Vertreter*innen der Kom­mu­nal- und Lan­des­po­li­tik war es mir immer ein Anlie­gen, den Land­kreis nicht aus­ein­an­der divi­die­ren zu las­sen, son­dern alle Inter­es­sen zu wür­di­gen und einen Inter­es­sen­aus­gleich zu fin­den. Doch die Situa­ti­on war und ist fest­ge­fah­ren. Daher habe ich Lan­des­ver­kehrs­mi­nis­ter Win­fried Her­mann zu einem Gespräch mit Vertreter*innen der Bür­ger­initia­ti­ve „Ver­eint gegen Flug­lärm“ und des kom­mu­nal­po­li­ti­schen Ehren­amts aus Aich­tal, Nür­tin­gen, Wolf­schlu­gen und Neu­hau­sen ein­ge­la­den. Damit war ich deren Bit­ten nach­ge­kom­men und hat­te das For­mat eng mit die­sen abge­stimmt. Der Minis­ter und ich haben in ers­ter Linie zuge­hört. Die BI hat­te ihre deut­li­che Kri­tik unter ande­rem dar­an vor­ge­bracht, dass die Mehr­heit in der Flug­lärm­kom­mis­si­on für die Emp­feh­lung zuguns­ten der neu­en Flug­rou­te von den Stim­men der kurz­fris­tig auf­ge­nom­me­nen Neu­mit­glie­der abhän­gig gewe­sen sei. Die­ser Kri­tik schlos­sen sich die grü­nen Kommunalpolitiker*innen an und ergänz­ten, dass die bis­he­ri­gen Flug­rou­ten Sicher­heit dafür boten, wo mit Flug­lärm zu rech­nen sei und wo nicht. Bei­de Grup­pen äußer­ten, dass es mit der neu­en Flug­rou­te in eini­gen Wohn­la­gen erst­mals Flug­lärm geben wür­de. Der Minis­ter ging auf alle Kri­tik­punk­te ein. Er ver­wies dar­auf, dass weder das Land noch die Flug­lärm­kom­mis­si­on for­mal Ent­schei­dun­gen tref­fen könn­ten. Sein Haus habe sich stets neu­tral ver­hal­ten. Selbst­kri­tisch räum­te er ein, dass die Kom­mu­ni­ka­ti­on nicht gut gelau­fen sei und er die poli­ti­sche Dimen­si­on unter­schätzt hät­te. Er wer­de den Vor­wür­fen (noch­mals) nach­ge­hen. An das fast zwei­stün­di­ge Gespräch schloss sich ein Gespräch mit der Pres­se an, zu dem eben­falls ich ein­ge­la­den hat­te. Dabei brach­ten BI und Kom­mu­nal­po­li­tik ihre Kri­tik erneut vor.

Ich sehe fol­gen­de Lösungs­an­sät­ze, um die Akzep­tanz für Emp­feh­lun­gen der Flug­lärm­kom­mis­si­on und Ent­schei­dun­gen der Deut­schen Flug­si­che­rung als Behör­de zu schaf­fen sowie zur Redu­zie­rung von Flug­lärm:

  1. Soll­te die Flug­lärm­kom­mis­si­on an der Flug­rou­te fest­hal­ten wol­len, müss­te sie die­se Emp­feh­lung sehr gut begrün­den (was ich für schwie­rig hal­te) und der Öffent­lich­keit kom­mu­ni­zie­ren. Zudem soll­ten betrof­fe­ne, aber nicht in der Kom­mis­si­on ver­tre­te­ne Kom­mu­nen vor­ab ein­ge­bun­den wer­den. Die neue Flug­rou­te soll­te – wenn über­haupt – nicht bereits ab 6 Uhr geflo­gen wer­den.
  2. Für Kom­mu­nen wie die Stadt Aich­tal, die ger­ne in der Flug­lärm­kom­mis­si­on mit­ar­bei­ten wür­den, soll­ten nach Mög­lich­kei­ten für die Auf­nah­me oder eine ander­wei­ti­ge Ein­bin­dung gesucht wer­den.
  3. Land und Flug­ha­fen­ge­sell­schaft soll­ten die lärm­ab­hän­gi­gen Start- und Lan­de­ge­büh­ren dahin­ge­hend wei­ter­ent­wi­ckeln, dass noch stär­ke­re Impul­se für lärm­re­du­zier­te Flug­zeu­ge gesetzt wer­den.
  4. Kurz­stre­cken­fü­ge soll­ten ver­stärkt auf die Bahn ver­la­gert wer­den. Ein Impuls dafür kann durch die euro­pä­isch abge­stimm­te Besteue­rung von Flug­ben­zin (wie beim Kraft­stoff für den Pkw) gesetzt wer­den.
  5. Abschlie­ßend ein Hin­weis an uns alle: Jede und jeder von uns ent­schei­det sel­ber dar­über mit, wie viel geflo­gen und damit Lärm erzeugt wird. Ich selbst bi nie pri­vat und nur sehr sel­ten dienst­lich geflo­gen.

Erfreu­lich ist unter Lärm­ge­sichts­punk­ten, dass die Deut­sche Post ihre Nacht­post­flü­ge ein­ge­stellt hat. Dadurch ent­fal­len monat­lich 80 bis 100 Flü­ge zwi­schen Mit­ter­nacht und 1 Uhr. Sie­he hier­zu https://www.matthias-gastel.de/post-bereitet-einstellung-der-nachtpostfluege-vor/