In der „investmentgetriebenen“ Outdoor-Branche sticht eine Firma aus Oberschwaben heraus: Vaude, Familienunternehmen in zweiter Generation mit Hauptsitz in Tettnang. Das Unternehmen hat sich auf den Weg gemacht, die Produktion umfassend ökologisch zu gestalten und damit Vorbild zu sein.
Es ist ein heißer Julitag, als ich in Begleitung grüner LokalpolitikerInnen das Firmengelände in Obereisenbach, einem Miniortsteil von Tettnang, betrete. Die gute Atmosphäre fällt mir sofort auf. Bei einer Führung durch die Produktionshallen zeigt uns der Produktionsleiter, wie Fahrrad- und Umhängetaschen hergestellt werden. Sichtlich stolz ist er darauf, dass weitgehend – und bald vollständig – auf das gefährliche Weichmacher enthaltende PVC verzichtet wird. Stattdessen hat Vaude in Asien einen Hersteller gefunden, der Planen aus alternativem, ungiftigem Material liefert. Wir staunen, wie viel Handarbeit in den beiden am Standort Tettnang hergestellten Produkten steckt: Stanzen, Nähte und Schnallen schweißen, Nähen, die Qualität prüfen, Verpacken. 500 Menschen arbeiten bei Vaude am Standort Tettnang. Ein Großteil der Produkte wird jedoch in Vietnam gefertigt. Vaude legt Wert auf langfristige Beziehungen zu Produktionsstätten, die in Sachen Umwelt- und Sozialstandards auditiert sind. Doch ein Problem mit drei Buchstaben ist nicht gelöst: PFC. Hinter der Abkürzung stehen Fluorcarbone, die dafür sorgen, dass dass Wasser, Öl und Schmutz von den Textilien abperlen. PFC sind schon länger als kritisches Thema bei Outdoor-Produkten bekannt und stehen stehen in der Kritik, da einige von ihnen nicht abbaubar sind, sich anreichern und/oder giftig sind und möglicherweise Krebs erzeugen. Vaude hat den Einsatz von PFC zwar reduziert und arbeitet nach eigenen Worten proaktiv daran, darauf ganz zu verzichten. Bisher existieren aber leider keine PFC-freien und dennoch gleichwertig funktionalen Ersatzstoffe.
Das Unternehmen wächst. Stärker als die Branche. Geschäftsführerin Antje von Dewitz erklärt uns warum: „Das Interesse des Handels an fair und ökologisch erzeugten Produkten nimmt zu. Und wir spüren, dass der Kunde bereit ist, dafür mehr zu bezahlen.“ Vaude hat bereits früh damit angefangen, den Einklang mit der Umwelt zu suchen. Und wurde dabei immer konsequenter: „Ganz oder gar nicht“, so die Devise der Unternehmerin von Dewitz. Das beginnt bei den eingekauften Grundstoffen, geht über deren Verarbeitung bis hin zum Umfeld. Zum Stichwort Umfeld: Das Werk in Tettnang deckt seinen Strombedarf nahezu vollständig durch die Photovoltaikanlagen auf dem Dach. Für mich als Verkehrspolitiker besonders interessant: Vaude hat für seine beschäftigten ein Mobilitätspaket geschnürt, das starke Anreize setzt, nicht – zumindest nicht alleine – mit dem Auto an den Arbeitsplatz zu fahren. Das Unternehmen stellt E‑Bikes zur Verfügung, bietet Fahrrad-Workshops mit Reparaturkursen, hat dezentrale Duschen einbauen lassen, führt Verlosungen von Preisen durch für diejenigen, die ohne Auto kommen und fördert Monatstickets für die öffentliche Buslinie, die durch Zutun von Vaude eingeführt und auf die Arbeitszeiten abgestimmt wurde. Wer einen Firmenwagen nutzt ist angehalten, Kolleginnen und Kollegen mitzunehmen. Die besten Parkplätze sind für Fahrgemeinschaften ab drei Personen reserviert. Stichwort Parkplätze: Obwohl das Unternehmen wächst, werden derzeit 60 Parkplätze mit einem neuen Gebäude überbaut – ohne Ersatzparkierung. Mehr Stellen, weniger Stellplätze. Das Mobilitätspaket scheint zu funktionieren. Für ein Unternehmen, zumal im ländlichen Raum, ist das beachtlich. Vaude zeigt, was dem Unternehmen aus Oberschwaben hoffentlich viele gleichtun: Mit grünen Ideen lassen sich schwarze Zahlen schreiben. Und bei Vaude funktioniert dies außerdem besonders glaubwürdig. „Denn“, so Geschäftsführerin von Dewitz, „bei uns fließt grünes Blut“.