Bahn in die Fläche bringen!
In Deutschland ist jedes Haus durch eine Straße erschlossen. Doch 117 Mittelzentren sind nicht durch einen regulären Schienenpersonenverkehr erreichbar.
Straßen wurden in den letzten Jahrzehnten massiv aus‑, Schienenwege hingegen zurückgebaut. Insofern kann es nicht verwundern, dass das Auto das stark dominierende Verkehrsmittel darstellt. In 2019 waren in Deutschland erstmals mehr als 47 Millionen Pkw zugelassen – bei 83 Millionen Einwohner*innen. Die Folgen sind bekannt: Zu viele Schadstoffe in der Luft, Lärm, hoher Flächenverbrauch und kein Rückgang der Treibhausgasemissionen. Hinzu kommt der immens hohe Ressourcenverbrauch an Stahl, Aluminium und anderen Metallen, die oftmals unter sozial und ökologisch problematischen Bedingungen gewonnen und unter hohem Energieverbrauch verarbeitet werden.
Besonders viele Mittelzentren ohne Personenverkehr der Bahn gibt es in Nordrhein-Westfalen: 36 Orte zwischen 9.000 und 66.000 Einwohner*innen können nicht mit dem Zug erreicht werden. Darunter befinden sich Städte wie Monheim, Kerpen, Herten und Bergkamen. In Rheinland-Pfalz sind 14 Mittelzentren und in Bayern sogar 40 ohne Bahnanbindung. In Baden-Württemberg verfügen mit Künzelsau, Schramberg, Pfullendorf und Laichingen vier Mittelzentren über keinen Schienenanschluss. Dort leben zwischen 12.000 und 21.000 Menschen, wobei jeweils die Bevölkerung aus dem Umland hinzukommt.
Mittelzentren sind nicht zwingend besonders große Orte, vielmehr übernehmen sie für sich und die umliegenden Gemeinden Funktionen für die Versorgung mit Waren, Dienstleistungen und Infrastrukturangeboten. Hierunter fallen Einkaufsmöglichkeiten, Fachärzte, Kliniken, weiterführende Schulen und Berufsschulen. Damit wird deutlich: Es handelt sich um Orte, die von ihrem Umland aus gut erreichbar sein müssen.
Wir wollen möglichst vielen Menschen Mobilität auch ohne eigenes Auto ermöglichen. Die Bahn muss (wieder) in die Fläche kommen! Es muss darum gehen, dass stillgelegte Bahnstrecken reaktiviert und auch neue Strecken gebaut werden. In Sachen „Reaktivierung“ handelt Baden-Württemberg vorbildlich: Es lässt derzeit 41 stillgelegte Bahnstrecken auf ihre Chancen für eine Wiederinbetriebnahme untersuchen. Im Sommer werden erste Ergebnisse erwartet. Positiv ist auch, dass seitens des Bundes die Mittel nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz erhöht wurden. Damit steht mehr Geld für den Aus- und Neubau der regionalen Schienenwege zur Verfügung.