19.08.2022
Zum 15. Mal für Drei Tage durch Wahlkreis & Region
Meine inzwischen 15. Drei-Tages-Wanderung führte mich von Nürtingen über Altdorf, Neckartenzlingen, Altenriet, Waldenbuch und Steinenbronn nach Leinfelden-Echterdingen. Mal lief ich alleine, mal waren wir zu zweit und mal auch eine Gruppe von acht Personen. Einige Interessierte stießen an einzelnen Stationen hinzu. Übernachtet habe ich unterwegs in Hotels, um mich voll auf die Orte in meinem Wahlkreis einzulassen.
Los ging die Tour mit dem, was mich bei jeder Wandertour mit mal größerer und mal geringerer Freude begleitet: Wir sprachen darüber, wie (Wander-)Karten entstehen. Dazu hat sich der Kartograf Klaus-Peter Lawall zu meiner Wandergruppe gesellt. Er ist seit 12 Jahren selbstständig und hatte bis zum Lockdown Karten für beliebte Urlaubsländer entworfen. Als das Reisen in ferne Länder nicht mehr möglich war und er sich mal im Naherholungsgebiet „Sauhag“ verlaufen hatte, kam ihm die Idee, auf Wanderkarten umzusteigen. Eine davon stellt auch den Weg dar, auf dem wir nach dem Gespräch in einer kleinen Gruppe gemeinsam die Tour starteten. Auf Basis von GPS-Daten und älterem Kartenmaterial fertigt Lawall die Wanderkarten. Besonders wichtig sei die redaktionelle Arbeit, die beispielsweise die Legenden umfasse. Manchmal müssten aber auch zusätzliche, so auch neue Wege aufgenommen werden. Mit diesen übersichtlichen Werken würden Lücken abgedeckt, die amtliche Karten hinterlassen würden. Die Nachfrage sei gut, was sich daran zeige, dass es mehrfache Neuauflagen brauche.
Dem gemeinnützigen Verein „Wiesenliebe“ geht es darum, einen Ort zu bieten, an dem junge Menschen so sein können, wie sie mit ihren Handicaps sind. Dafür bietet er in Nürtingen Begegnung der besonderen Art an: Sieben an die Menschen gewöhnte Schafe, die sich gerne streicheln lassen und auch kuscheln. Die Tiere können als „Therapie-Schafe in Ausbildung“ bezeichnet werden. Drei große Ziele und Aufgaben nannten die beiden Vereinsmitglieder, mit denen wir uns auf der Schafweide trafen: Die pädagogische, tiergestützte Arbeit (zu der auch Hunde gehören), die Streuobstwiesenbeweidung für überwiegend private Eigentümer sowie den Erhalt der Rasse „Alpines Steinschaf“, das für den Einsatz in Steillagen besonders geeignet ist. Obwohl der Verein erst vor wenigen Monaten gegründet wurde, wird dessen Arbeit in bebilderten Büchern bereits sehr anschaulich dargestellt. Selbstverständlich schauten wir direkt bei den Schafen nach. Sie lagen gerade im Schatten eines Obstbaumes. Wir näherten uns langsam. Einige Tiere blieben liegen, andere standen auf und beschnupperten uns neugierig. Alle ließen sich streicheln und kraulen. Die beiden Vereinsvertreterinnen hatten uns zuvor gesagt, wer bei den Schafen sei, bliebe oft drei Stunden, weil der Kontakt zu den Tieren so viel Freude machen würde. Ganz so lang konnten wir aber nicht bleiben. Der nächste Lokaltermin wollte erwandert werden …
Die Biogasanlage von Landwirt Alexander Butz in Altdorf wird überwiegend mit Gülle und Mist von 70 hofeigenen Milchkühen, aber auch mit Mais (ein Fünftel), Futterresten sowie Gras „gefüttert“. Wobei aktuell kein Mais zur Verfügung steht, da dieser angesichts der dürrebedingt geschrumpften Ernte der Ernährung des Viehs vorbehalten ist. Bei der Gärung in den beiden Tanks entsteht Methan, das im Blockheizkraftwerk verbrannt wird. Gewonnen wird dabei stets je hälftig Strom und Wärme. Das entstehende Gas kann bis zu 10 Stunden gespeichert werden, dann sind die Speicherkapazitäten erschöpft. Die Wärme wird an eine benachbarte Gärtnerei geliefert, die diesen in einem Großteil des Jahres, wenn auch teilweise nur nachts, abnimmt. Das Blockheizkraftwerk wird durch den Wärmebedarf gesteuert. Der Strom (1,5 Millionen Kilowattstunden pro Jahr) wird für eine Vergütung von 25 Cent pro Kilowattstunde ins Netz eingespeist. Die Landwirtsfamilie sagt, sie könne ohne die limitierende und gesetzlich geregelte Höchstbemessungsleistung (diese begrenzt die Strommenge; da hake ich in meiner Fraktion nach) rund 30 Prozent mehr erzeugen.
Wir sprachen selbstverständlich auch über die „originäre“ landwirtschaftliche Ausrichtung des Betriebs. So werden Milch, Fleisch, Gemüse/Salat, Kartoffeln und Käse aus eigenem Anbau bzw. von den eigenen Tieren im Hofladen verkauft. In diesem befinden sich Automaten für die Selbstbedienung.
Hintergrund „Biogas“
14 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen in Deutschland werden für den Anbau von Energiepflanzen genutzt. Davon entfallen 65 Prozent auf die Biogaserzeugung und 35 Prozent auf Biokraftstoffe. Wir Grünen, Umweltministerin wie auch Landwirtschaftsminister, wollen die Beimischung schrittweise herunter fahren und bis zum Jahr 2030 vollständig einstellen.
Von Neckartenzlingen, wo ich genächtigt hatte, nach Altenriet ist es nicht weit. Es sind aber viele Höhenmeter zu überwinden. Doch das Stäffele verläuft im Wald und auf der Höhe wird man durch einen wunderschänen Blick aufs Albvorland und den Albtrauf für die Anstrengungen entschädigt.
Die Brennerei der Familie Armbruster befindet sich in der Ortsmitte von Altenriet. Vor 10 Jahren wurden das Betriebsgebäude mit Hofladen und kleiner Schaubrennerei neu gebaut. Der Betrieb läuft im Nebenerwerb. Ich war vor wenigen Jahren schon mal dort. Auf vier Hektar an eigener Fläche werden Birnen, Äpfel und Zwetschgen überwiegend als Hochstämme angebaut. Weil es noch Vormittag ist, verzichte ich auf hochprozentige Proben und trinke lieber ein Glas Apfel-Quitten-Saft und nippe nur an einem sehr leckeren Erdbeerlikör. Zu den Quitten höre ich einmal mehr, dass es davon immer weniger gibt. Die Gründe dafür sind der Feuerbrand, aber auch, dass die Bäume häufig nicht mehr ausreichend gepflegt werden – ein Problem, das Obstbäume und vor allem Streuobstwiesen ganz allgemein betrifft. Die Ernte 2022 dürfte schwierig sein, da wegen der anhaltenden Trockenheit viele Früchte vorzeitig abfallen. Genau könne man Menge und Qualität aber erst dann genauer beurteilen, wenn in etwa zwei Wochen der Mostereibetrieb seine Tore öffne. Die Nachfrage nach den Produkten laufe gut, was insbesondere für hochwertige Schnäpse und Liköre gelte.
Der Weg von Altenriet nach Waldenbuch war die längste Etappe, aber sehr schön, da er überwiegend durch den Wald und entlang der Schaich führte.
Auch bei den Ehrenamtlichen des Weltlädles in Waldenbuch war ich nicht zum ersten Mal. Seit nunmehr 45 Jahren gibt es den Verein, der seit 10 Jahren mit der städtischen Bibliothek kooperiert. Auf 10 Quadratmeter Verkaufsfläche ist das Weltlädle in einem Nebenraum der Zweigstelle der Bibliothek untergebracht. Es ist während der Öffnungszeiten zwischen Montag und Samstag immer eine Person anwesend. Dies bedeutet, dass Bibliotheks-Mitarbeiterinnen das Lädle und die Ehrenamtlichen des Vereins die Bibliothek mit betreuen. Neben dem Verkauf fair gehandelter Produkte (Kaffee, Tee, Honig, Fruchtgummi, Limonade und non-food wie Textilen) erzielt der Verein noch Einkünfte durch seine Altpapier-Sammelaktionen. Wir sprachen über die aktuelle Teller-Tank-Diskussion, die Situation der Welternährung und die Auswirkungen der Klimakrise auf die Lebensbedingungen der Menschen hier und in anderen Teilen der einen Welt. Ich erläuterte, dass wir darauf drängen, das Engagement Deutschlands für die Entwicklungshilfe auszuweiten und landwirtschaftliche Flächen mehr der direkten Ernährung der Menschen statt weiter ineffizient hohen Tierbeständen zugutekommen zu lassen.
Wer das beschauliche Siebenmühlental betritt, kann sich zwei Dinge kaum vorstellen: Erstens, dass es sich, so abgelegen und ruhig es daliegt, in unmittelbarer Nähe des Ballungsraums Stuttgart/Filder befindet. Zweitens, dass sich hier früher ein Wintersport-Highligt mit Schanzenpiste und Liftanlage befand (der Lift ist noch zu sehen). Der gegenüber liegende Südhang ist ein wertvolles, artenreiches Naturschutzgebiet „Eichberg“ mit Trockenwiesen und ‑mauern, Heckenstrukturen und mächtigen, alten Eichen. Wir ließen uns vom Biologen Dr. Rolf Gastel, der sich im Nabu Leinfelden-Echterdingen engagiert, sachkundig übers Gelände führen. Die Flora und Fauna kennt hier beispielsweise die Karthäuser-Nelke, die Schlingnatter und den Neuntöter. Natürlich braucht auch ein Naturschutzgebiet Pflege. Hierbei sind Schafe und Ziegen wichtige Helfer. Wir sprachen auch über die Gefahren für das kleine Ökoparadies durch Menschen, die vom Weg abgehen sowie durch zugewanderte Arten, die den Einheimischen das Leben schwer machen.
Raus aus dem Schönbuch und rein in urbaneres Gebiet führte uns der Weg nach Echterdingen „IMBEKO Imkereibedarf“ von Celestine Koch. Erst seit Februar gibt es den Fachhandel. Dort bekommen Starter ihre Erstausrüstung (Holz fürs Bienenhaus, Schutzkleidung und Smoker), Profis ihre ergänzende Ausstattung und Konsument*innen Honig und Honigprodukte wie Honig-Malz-Bier, Honig-Essig, Honig-Wein und Honig-Seife. Zudem kann die Schleuder gebucht werden. Das laufende Jahr sei ein gutes Honigjahr. Zwar hätten viele Wirtschaftsvölker den Winter nicht überlebt. Wer überlebt hat, habe im Frühjahr aufgrund der abwechselnd feuchten und sonnigen Witterung jedoch viel Futter vorgefunden. Ein ungewöhnlich großes Milbenproblem gebe es auch nicht.
Mit den Aspekten rund um Bienen und Honig endete meine diesjährige Drei-Tages-Wanderung. Die Füße trugen mich über 40 Kilometer durch sehr unterschiedliche Landschaften. Unterwegs in den verschiedenen Gruppen der Mitlaufenden und wie auch an den insgesamt sieben geplanten Stationen gab es viele interessante Informationen, Gespräche und Diskussionen. Das alles hilft mir für meine tägliche politische Arbeit.