20.03.2019, ergänzt am 22.03.2019
Jugendlichen eine Stimme geben
Gut, dass wieder über das Wahlalter bei Bundes- und Landtagswahlen gesprochen wird. Ich bin klar für die Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre.
Gute Argumente dafür sehe ich viele: Nicht erst die “Fridays for Future”-Bewegung zeigt, dass sich viele junge Menschen für politische Zusammenhänge interessieren und sich um ihre Zukunft sorgen. Wir sollten die jungen Menschen ernst nehmen und ihnen ein politisches Partizipationsangebot machen. Wer mitmachen darf wird sich erfahrungsgemäß stärker interessieren. Gerade in dem Alter, in dem sich Interessen bei jungen Menschen herausbilden, ist das besonders wichtig.
Als Gegenargument wird häufig angeführt, dass 16- und 17-Jährige noch kein ausreichend entwickeltes Beurteilungsvermögen besitzen und nicht umfassend genug über politische Programme und Prozesse informiert wären. Ein CDU-Kollege sagte neulich, ihnen würde die Fähigkeit fehlen, politische Programme und Prozesse sowie aus einer möglichen Wahl resultierende Folgen zu kennen und zu verstehen. Dem halte ich entgegen: Die Schulen bieten ein geeignetes Umfeld, um sich mit allen im Zusammenhang mit Wahlen stellenden Fragen intensiv zu beschäftigen. So gesehen ist diese Altersgruppe den älteren sogar voraus, da es Erwachsenen selber überlassen bleibt, ob und wenn wie umfassend sie sich über Wahlprogramme und Kandidat*innen informieren. Der Jugendforscher Klaus Hurrelmann wird im Handelsblatt vom 22.03.2019 zitiert mit folgenden Worten: “Die Fähigkeit, politische Interessen zu beurteilen und den Vorgang von Wahlen zu verstehen, setzt nicht erst mit der Volljährigkeit ein, sondern eigentlich schon etwa mit dem 12. Lebensjahr.”
Ein anderes Argument der Kritiker einer Absenkung des Wahlalters lautet, mit dem Wahlalter müssten dann auch Pflichten früher ansetzen und die Volljährigkeit mitsamt der Strafmündigkeit herabgesetzt werden. Meine Meinung hierzu: Wir haben ein ausdifferenziertes System, nach dem sich Rechte und Pflichten/Verantwortung nach Alter gestaffelt aufbauen. Dies gilt für die Geschäftsfähigkeit, die Strafmündigkeit, die Religionsmündigkeit, für Fahrberechtigungen und einige Aspekte mehr. Es hat sich im Grundsatz sehr bewährt, jede Altersstufe im deutschen Rechtssystem für sich anzuschauen. Dies bedeutet, dass an der einen oder anderen Stelle Änderungen vorgenommen werden können, ohne zwangsläufig an anderer Stelle Änderungen vornehmen zu müssen. Beim Wahlrecht ist es bereits heute so, dass 16-Jährige in vielen Bundesländern auf kommunaler Ebene wählen dürfen. Ich finde, da lässt es sich nicht erklären, dass dies auf anderen Ebenen anders sein soll. Zumal es, wie schon ausgesagt, um die Zukunft der jungen Menschen geht. Die Politik müsste deren Anliegen und Interessen ernster nehmen als dies heute der Fall ist.
Mein Fazit: Wer sich früher für Politik zu interessieren beginnt (und das Wahlrecht kann ein Anreiz hierfür sein) behält dieses Interesse vielleicht auch als Erwachsener bei. Diese Chance sollten wir nutzen.