Schräge Debatte um Verbrenner-Aus
Im Vorfeld des Beschlusses für das „Verbrenner-Aus“[1] auf EU-Ebene gab es einmal mehr sehr schräge Debatten darüber, ob sich die Verbrenner-Technik durch den Einsatz sog. „E‑Fuels“ retten lässt. Hier eine Übersicht über die Argumente.
E‑Fuels sind auf Basis der Elektrolyse hergestellte „strombasierte Kraftstoffe“. Diese weisen so ähnliche Eigenschaften mit Benzin, Diesel oder Kerosin auf, dass sie in den entsprechenden Motoren eingesetzt werden können. Der Pferdefuß: Es wird extrem viel Strom benötigt, der Wirkungsgrad ist gering. Mit einer vordefinierten Menge an Strom fährt ein batterieelektrisches Auto erheblich weiter als eines mit Verbrennungsmotor, das mit E‑Fuels betankt wurde. E‑Fuels werden zudem noch lange Zeit, vielleicht auch dauerhaft, sehr viel teurer sein als die für ein batterieelektrisches Auto benötigte (geringere) Menge an Strom.
Nachfolgend einige Quellen, die diese an sich unstrittigen, aber leider oft ausgeblendeten Tatsachen stützen.
„Durch die bei der Herstellung des strombasierten Flüssigkraftstoffs einhergehenden Umwandlungsverluste ergibt sich heute bei der Produktion ein Wirkungsgrad von etwa 44 Prozent. Zusätzliche Verluste ergeben sich bei der Verbrennung, sodass der Gesamtwirkungsgrad bei der Verwendung von strombasierten Flüssigkraftstoffen in einem Pkw mit Verbrennungsmotor etwa 13 Prozent beträgt. Das bedeutet, dass 13 Prozent der eingesetzten elektrischen Energie in die Bewegung des Fahrzeugs umgesetzt werden.“ Quelle: Bundestags-Drucksache 19/8742
Lt. Michael Sterner, Professor in Regensburg, der das Power-to-Gas-Verfahren mitentwickelt hat: Gesamtwirkungsgrad von nur etwa 20 bis 30 Prozent, hingegen bei der Batterieelektromobilität ungefähr 70 Prozent. Im Personenverkehr, insbesondere bei Kurzstrecken, ist Elektromobilität seiner Meinung nach ohne Frage die effizienteste Variante, um mit erneuerbaren Energien CO2-neutral zu fahren. E‑Fuels machen hingegen beim Schiffsverkehr, beim Lkw-Fernverkehr und beim Fliegen Sinn. Quelle: FAZ 20.02.2018
Auch der ADAC rechnete schon vor, wie ineffizient die Herstellung und die Verbrennung von E‑Fuels sind: In einer „Well to wheel-Betrachtung“ wird die eingesetzte Energie nur zu 10–15 Prozent genutzt, um voran zu kommen. Im Elektro-Auto kommen 70–80 Prozent der Ausgangs-Energie am Rad an. Quelle: Tagesspiegel Background v. 30.06.2022
Auch bei der Verbrennung von E‑Fuels entstehen Stickoxide. Für den Stadtverkehr ist daher tatsächlich das Batteriefahrzeug am besten geeignet. Die aktuellen Kosten von E‑Fuels liegen unter der Voraussetzung, dass der Strom sehr günstig ist, um über das dreifache über denen von fossilem Diesel. Perspektivisch liegen die Kosten um 30 bis 100 Prozent darüber. Quelle: Interview mit Nils Aldag, Energieunternehmen Sunfire GmbH, produziert synthetische Kraftstoffe, in: StZ v. 03.07.2019
Fazit
Wir brauchen dringend E‑Fuels. Wegen des enormen Strombedarfs aufgrund der hohen Effizienzverluste bei Herstellung und Verbrennung in Verbrennungsmotoren müssen diese jedoch für die Bereiche vorgesehen werden, die sich nicht direkt mit Oberleitung oder Akkumulatoren elektrifizieren lassen. Die E‑Fuels müssen also insbesondere für die Flugzeuge und Schiffe vorgesehen werden. Ähnliches gilt für den „Grünen“ Wasserstoff, der noch dazu in der Industrie wichtige Beiträge für de Ersatz von Kohle und Erdgas leisten kann.
Auch in Gesprächen, die ich in mehreren Forschungseinrichtungen für die Erzeugung von grünem Wasserstoff und E‑Fuels geführt habe, wurden diese Aussagen im Wesentlichen bestätigt:
Gespräch mit dem Zentrum für Solar- und Wasserstoffforschung in Stuttgart: https://www.matthias-gastel.de/was-die-wissenschaft-zu-wasserstoff-und-e-fuels-sagt
Besuch beim Zentrum für Solar- und Wasserstoffforschung in Ulm: https://www.matthias-gastel.de/entwicklung-von-akku-und-brennstoffzelle/
Besuch bei Fraunhofer/Bosch in Salzgitter: https://www.matthias-gastel.de/voran-mit-wasserstoff-in-salzgitter/
Fachgespräch mit verschiedenen Expert*innen: https://www.matthias-gastel.de/was-alternative-kraftstoffe-noch-nicht-koennen/
Zur Frage der Umweltverträglichkeit von E‑Autos finden sich unzählige Fachbeiträge auf meiner Homepage. Auf diesen weise ich beispielhaft hin:
https://www.matthias-gastel.de/e‑autos-wirklich-umweltfreundlicher/
[1] Ab 2035 neu zugelassene Pkw und leichte Nutzfahrzeuge müssen emissionsfrei sein. Faktisch wird dies weitgehend als Verbot von neuen Diesel- und Benzinantrieben und damit von Verbrennungsmotoren gewertet. Der VDA beispielsweise sprach von einem „faktischen Verbrennerverbot ab 2035“. Die FDP, die die im März in der Bundesregierung sich noch mit einem Verbrenner-Aus einverstanden erklärt hatte, hatte sich nun quergestellt. Auf ihr Drängen wurde die EU-Kommission aufgefordert, einen Vorschlag zu machen, wie Fahrzeuge ab 2035 neu zugelassen werden können, die ausschließlich E‑Fuels tanken können. Dafür bräuchte es umgebaute Einfüllstutzen und Tankstellen. Während es sich beim Verbot der Neuzulassung von Fahrzeugen mit CO2-Emissionen um einen Beschluss handelt, ist die Aufforderung bzgl. E‑Fuels als Absichtserklärung zu verstehen. Die meisten Fahrzeughersteller setzen bereits teils seit längerem konsequent auf batterieelektrische Autos und das Verbrenner-Aus. Sie wissen, dass die Verfügbarkeit von E‑Fuels genauso wenig absehbar ist wie ein bezahlbarer Preis.