Gespräch im Zentrum für Wasserstoff-Forschung (ZSW)
Wie sollen Fahrzeuge zukünftig angetrieben werden, die sich weder mit Akku noch mit Oberleitung mit elektrischer Energie versorgen lassen? Welche Rolle können Alternativkraftstoffe spielen, die auf Basis von Strom erzeugt werden? Mit diesen Fragen beschäftigt sich das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) in Stuttgart. Gemeinsam mit meinem Team ließ ich mur den aktuellen Forschungsstand durch Maike Schmidt, Fachgebietsleiterin Systemanalyse, erläutern.
Wenige Tage vor meinem Besuch in der Forschungseinrichtung erschien in der Frankfurter Allgemeinen ein Pro und Contra zu „E‑Fuels“, also synthetischen Kraftstoffen. Das „Pro“ kam von der „eFuel Alliance“. Hier wurde auf die hohe Anzahl der im Betrieb befindlichen Kraftfahrzeuge aller Art verwiesen, die noch über lange Zeit mit Verbrennungsmotor unterwegs seien. Diese Technologie könne und brauche auch nicht vollständig ersetzt zu werden, da man ja Alternativkraftstoffe einsetzen könne. Deren Produktion könne „in sonnen- und windreichen Regionen“ erfolgen, so dass erneuerbar erzeugter Strom eingesetzt würde. Dass große Strommengen benötigt würden und die Umwandlung mit hohen Verlusten verbunden ist wurde zumindest indirekt eingeräumt. Würden die E‑Fuels aus Ländern stammen, in denen „hohe Mengen klimaneutral erzeugten Stroms zur Verfügung stehen“, lägen mit E‑Fuels betriebene Fahrzeuge in etwa gleichauf mit batteriebetriebenen Fahrzeugen, die mit Grünstrom aus Deutschland fahren. Verwiesen wird darauf, dass große Nachfragemengen nach E‑Fuels positive Skaleneffekte auslösen und deren Kosten dann sinken würden. Der Liter könne im Jahr 2050 bei 1,38 bis 2,17 Euro liegen (inkl. der heutigen Steuern und Abgaben). Die Contra-Position kam von Greenpeace. Die Umweltorganisation verwies darauf, dass die benötigte Menge an Grünstrom illusorisch und die Herstellung von E‑Fuels ineffizient sei. Würde ein batterieelektrisches Auto für 100 Kilometer etwa 15 Kilowattstunden Strom benötigen, müssten für die vergleichbare Tankfüllung an E‑Fuels 103 Kilowattstunden, also sechsmal so viel Strom, eingesetzt werden.[1] E‑Fuels seien daher überwiegend nur für den Flugverkehr sinnvoll, da hier keine Akkus in Frage kämen.
Wenn auch der Streit tobt, wo E‑Fuels zum Einsatz kommen sollen, ist klar, dass wir diesen alternativen Kraftstoff benötigen. Selbiges gilt für Wasserstoff, das beispielsweise für Industrieprozesse verstärkt zum Einsatz kommen muss. So kann Wasserstoff die Feuerung von Hochöfen mittels Kohle ablösen.
Beim Fraunhofer-Institut verweist man darauf, dass gerade regenerativ erzeugter Strom nicht zu jeder Zeit in der benötigten Menge zur Verfügung steht und er daher speicherfähig gemacht werden müsse. Dafür käme ein chemischer Energieträger wie gasförmiger Wasserstoff in Frage. Dies geschieht meist über die Elektrolyse. Dabei wird elektrische Energie in Wasser eingeleitet und in seine beiden gasförmigen Bestandteile Wasserstoff (H) und Sauerstoff (O) aufgespaltet. Beide Gase werden separat aufgefangen und gereinigt. Der Wasserstoff kann entweder in dieser Form unmittelbar als Energieträger genutzt oder aber unter Zugabe eines Kohlenstoffträgers (z. B. Kohlendixid) in einen C‑basierten Grundstoff bzw. Energieträger umgewandelt werden. Dabei entsteht zunächst Methan. In weiteren Schritten können Flüssigenergieträger wie E‑Fuels hergestellt werden. E‑Fuels können jedoch auch direkt – ohne den Umweg über Methan – aus Wasserstoff hergestellt werden.
Im ZSW, das sowohl Grundlagen- als auch anwendungsorientierte Entwicklungen betreibt, wird all dies erforscht. Wir erfuhren im Gespräch, dass es nirgendwo auf der Welt so viele „P2x-Projekte“ (aus Strom einen anderen Energieträger gewinnen) gibt wie in Deutschland. Hier seien es etwa 30 solcher Pilotprojekte, die allerdings alle mangels Wirtschaftlichkeit nach Auslaufen der Förderphase wieder eingestellt werden. Man gehe davon aus, dass über die Elektrolyse bei 8.000 Betriebsstunden pro Jahr, was erneuerbar nur mit grundlastfähiger Wasserkraft möglich ist, sich im optimalsten Fall unter Realisierung aller technischen Hebel zur Kostensenkung ein Herstellungspreis von 2,20 bis 2,50 Euro pro Kilo Wasserstoff erreichen lässt.[2] Hierzu muss angemerkt werden, dass sich die Wasserkraft zumindest in Europa nicht mehr wesentlich ausbauen lässt. Der Energieverlust bei der Elektrolyse werde mit 20 Prozent veranschlagt und lasse sich durch technologische Weiterentwicklung nur noch relativ wenig verringern. Wenn der Wasserstoff zu E‑Fuels weiterentwickelt wird, steige der Verlust auf 40 Prozent. Mit dem Verbrennen der E‑Fuels in Verbrennungsmotoren, deren Wirkungsgrad bei weit unter 50 Prozent liegt, steige der „Energieverlust“ weiter deutlich an. Es werde also eine sehr große Menge an Strom benötigt.
Fazit: Wasserstoff und noch mehr die E‑Fuels kommen nicht für alle Anwendungen in Frage, sondern nur dort, wo keine Oberleitung und keine Akkumulatoren als Energiequelle in Frage kommen. Auch das ZSW bestätigt, dass die direktmögliche Stromverwendung, bspw. über Akkus, am effizientesten ist.
[1] Das ZSW bestätigte im Gespräch diesen Wert.
[2] Der Energiegehalt von Wasserstoff ist etwa dreimal so hoch wie der von Diesel oder Benzin.