Was uns der Fahrplan 2017/18 bringt

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15.11.2017

„Größ­ter Fahr­plan­wech­sel seit 2003“

Zum 10. Dezem­ber steht der „größ­te Fahr­plan­wech­sel seit 2003, als die Schnell­fahr­stre­cke Köln – Rhein/Main in Betrieb genom­men wur­de“ (Zitat Deut­sche Bahn), an. Doch was ändert sich tat­säch­lich?

Am 10. Dezem­ber wird die Neu­bau­stre­cke von Mün­chen nach Ber­lin voll­stän­dig in Betrieb genom­men. Ein Drit­tel des deut­schen Fern­ver­kehrs­net­zes, vor allem im Kor­ri­dor zwi­schen Ber­lin, Frank­furt am Main und Nürn­berg, wird von der Neu­ord­nung zahl­rei­cher Fern­ver­kehrs­li­ni­en und dar­aus resul­tie­ren­den Fahr­plan­än­de­run­gen betrof­fen sein. Mit der Voll­endung des letz­ten Teil­stücks des „Ver­kehrs­pro­jek­tes Deut­sche Ein­heit 8“ (VDE 8) zwi­schen Erfurt und Ebens­feld (Ober­fran­ken) ver­kürzt sich die Fahrt­zeit zwi­schen der Bun­des­haupt­stadt und der baye­ri­schen Lan­des­haupt­stadt von heu­te noch rund sechs auf künf­tig etwa vier­ein­halb Stun­den. Zudem wer­den täg­lich drei Sprin­ter-Züge mit Zwi­schen­halt in Ber­lin Süd­kreuz, Halle/Saale, Erfurt und Nürn­berg die Distanz zwi­schen den bei­den Metro­po­len in knapp vier Stun­den zurück­le­gen. Mit den Sprin­ter-Ver­bin­dun­gen ver­spricht sich die Deut­sche Bahn auch, dem Flug­ver­kehr zwi­schen Ber­lin und Mün­chen bzw. Ber­lin und Nürn­berg rele­van­te Markt­an­tei­le abzu­neh­men.

Gewin­ner wer­den die­je­ni­gen sein, die zwi­schen den Bahn­hö­fen ent­lang die­ser Stre­cke pen­deln wol­len. Auf­ge­wer­tet wer­den ins­be­son­de­re Hal­le und Erfurt, der neue ICE-Umstei­ge­kno­ten. Städ­te wie Jena haben hin­ge­gen das Nach­se­hen, da sie in den Fern­ver­kehrs­schat­ten zu gera­ten dro­hen. Um eine nach­hal­ti­ge Ver­kehrs- und Regio­nal­ent­wick­lung auch jen­seits der Metro­po­len und Hoch­ge­schwin­dig­keitsach­sen vor­an­zu­trei­ben, wol­len wir Grü­ne in einer mög­li­chen Jamai­ka-Koali­ti­on sicher­stel­len, dass auch die klei­ne­ren Groß­städ­te und Regio­nen jen­seits der Bal­lungs­zen­tren von einer neu­en Renais­sance der Bahn pro­fi­tie­ren. Eine blo­ße Zen­tra­li­sie­rung der Bahn auf eini­ge ICE-Ach­sen zwi­schen den Metro­po­len ver­tieft eher die Spal­tung unse­res Lan­des in wach­sen­de Groß­städ­te und schwä­cher wer­den­dem länd­li­chen Raum. Einer sol­chen Ent­wick­lung mit ihren Ursprün­gen noch aus der Meh­dorn-Ära wer­den wir poli­tisch gegen­steu­ern.

An Kri­tik an der neu­en Stre­cke hat­te es nicht geman­gelt: Extrem teu­er und das bei nur maxi­mal zwei ICE-Zügen pro Rich­tung und Stun­de, also nicht wirt­schaft­lich. Ein­zel­ne Stre­cken­ab­schnit­te wer­den zusätz­lich durch Regio­nal­zü­ge befah­ren. Die neue Stre­cke ver­fügt über die neue euro­päi­sche Leit- und Siche­rungs­tech­nik ETCS ohne Rück­fal­l­e­be­ne. Dies bedeu­tet, dass sie aus­schließ­lich durch ent­spre­chend aus­ge­stat­te­te Züge befah­ren wer­den kann. Der Güter­ver­kehr wird die­se Stre­cke zumin­dest in abseh­ba­rer Zeit nicht befah­ren. Dies aber nicht aus­schließ­lich wegen der feh­len­den ETCS-Aus­stat­tung der meis­ten Loks, son­dern auch, weil es Alter­na­tiv­rou­ten gibt.

Die ICE4-Trieb­zü­ge, die zu Test­zwe­cken bereits seit eini­ger Zeit im Ein­satz sind, kom­men ab Dezem­ber fahr­plan­mä­ßig in den Ein­satz. Sie wer­den zwi­schen Ham­burg und Mün­chen über Han­no­ver, Kas­sel, Würz­burg sowie zwi­schen Ham­burg und Stutt­gart ver­keh­ren. Die neu­en Züge ver­fü­gen in ihrer 12-teil­i­gen Ver­si­on über 830 Sitz­plät­ze und – erst­mals im ICE – auch über Mit­nah­me­mög­lich­kei­ten für acht Fahr­rä­der. Der neue ICE wird mit einer Höchst­ge­schwin­dig­keit von 250 Stun­den­ki­lo­me­tern lang­sa­mer sein als sei­ne letz­ten Vor­gän­ger.

Auch im Nacht­ver­kehr mit Schlaf- und Lie­ge­wa­gen kommt es zu Ände­run­gen. Die Öster­rei­chi­schen Bun­des­bah­nen wer­den zukünf­tig ihren von Zürich kom­men­den Nacht­zug in Hil­des­heim tren­nen. Ein Wagen­teil fährt dann nach Ber­lin, das ande­re nach Ham­burg. Dies hat Aus­wir­kun­gen: Für den Zustieg bei­spiels­wei­se in Frei­burg, Karls­ru­he oder Mann­heim ändert sich nichts. Bis Ber­lin kann 1:48 Stun­den län­ger geschla­fen wer­den, da der Zug erst um 7.54 Uhr ankommt. In Gegen­rich­tung fährt der „Night­jet“ jedoch 1:53 Stun­den frü­her und damit bereits um 21.06 Uhr in Ber­lin ab.

Neue­run­gen für Baden-Würt­tem­berg

Die voll­stän­di­ge Inbe­trieb­nah­me der Neu­bau­stre­cke zwi­schen Mün­chen und Ber­lin wirkt sich auch auf Baden-Würt­tem­berg aus. Lei­der nicht nur posi­tiv. Von Stutt­gart nach Ber­lin wer­den sich die Fahrt­zei­ten teil­wei­se etwas ver­län­gern, mal gering­fü­gig um fünf bis zehn Minu­ten ver­kür­zen. Die durch­ge­hen­de Abend­ver­bin­dung ent­fällt, wobei die­se schon bis­her nicht täg­lich ange­bo­ten wur­de. Von Ber­lin nach Stutt­gart erge­ben sich für ein­zel­ne Ver­bin­dun­gen spür­ba­re Fahrt­zeit­ver­län­ge­run­gen. Die schnel­le, durch­ge­hen­de Früh­ver­bin­dung um 6.04 Uhr ent­fällt. Es wird künf­tig über­haupt kei­ne Ver­bin­dung mehr mit einer Fahrt­zeit von etwa fünf Stun­den mehr geben. Die schnells­te Ver­bin­dung wird bei fünf­ein­halb Stun­den lie­gen. Die bis­he­ri­ge abend­li­che durch­ge­hen­de Ver­bin­dung (Abfahrt um 18.03 Uhr; aller­dings nicht täg­lich) wird gestri­chen.

Die durch­ge­hen­den Ver­bin­dun­gen erhal­ten in bei­den Rich­tun­gen jedoch einen regel­mä­ßi­gen zwei­stünd­li­chen Takt. Die Fahrt­zei­ten lie­gen bei 5:39 Stun­den und sind damit über­wie­gend deut­lich kür­zer als bis­her.

Bes­ser aus Stutt­gar­ter Sicht wer­den die Ange­bo­te nach Leip­zig. Es ent­ste­hen umstei­ge­freie Ver­bin­dun­gen, mit denen sich gegen­über den bis­her schnells­ten Ange­bo­ten 17 Minu­ten ein­spa­ren las­sen.

Deut­li­che Ver­bes­se­run­gen gibt es auch für die­je­ni­gen, die aus Ost­würt­tem­berg über den Bahn­hof Aalen nach Ber­lin wol­len. Sie pro­fi­tie­ren von der Neu­bau­stre­cke Nürn­berg – Erfurt. Die Rei­se­zei­ten redu­zie­ren sich erheb­lich um rund eine Stun­de und mehr. Die schnells­te Ver­bin­dung liegt ab dem Fahr­plan­wech­sel bei 4:54 Stun­den.

Auf der Stre­cke zwi­schen Stutt­gart und Sin­gen kom­men die neu­en IC2-Züge zum Ein­satz. Die­se ursprüng­lich für den Regio­nal­ver­kehr ent­wi­ckel­ten Dop­pel­stock­zü­ge wer­den von der Deut­schen Bahn nun­mehr in einer eigens für die Fern­ver­kehrs­of­fen­si­ve ange­fer­tig­ten Serie im IC-Fern­ver­kehr ein­ge­setzt. In die­sen Zügen wer­den, so wur­de es zwi­schen dem Land und der DB ver­ein­bart, Fahr­schei­ne des Nah­ver­kehrs aner­kannt. Da die neu­en Dop­pel­stock­wa­gen noch nicht über die in der Schweiz erfor­der­li­che ETCS-Tech­no­lo­gie ver­fü­gen, müs­sen die Ver­keh­re in Sin­gen gebro­chen wer­den. Ver­ein­zelt wer­den wie­der Züge von und nach Kon­stanz durch­ge­bun­den.

Alle Anga­ben erfol­gen ohne Anspruch auf Voll­stän­dig­keit.