Wasserstoff im Tank

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Tho­mas Korn (Key­ou, links im Bild) und Bernd Nagel (Nagel Maschi­nen- und Werk­zeug­fa­brik)

21.12.2017

Start-up setzt auf Wasserstoff-Antrieb für Nutzfahrzeuge

Nutz­fahr­zeu­ge direkt mit Was­ser­stoff anzu­trei­ben, das ist die Idee des Start-up „Key­ou“, an dem das Nür­tin­ger Unter­neh­men Nagel Maschi­nen- u. Werk­zeug­fa­brik betei­ligt ist.

Eigent­lich ist das Nür­tin­ger Unter­neh­men NAGEL Maschi­nen- u. Werk­zeug­fa­brik GmbH auf „Honen“ und die Her­stel­lung von „Finish­ma­schi­nen“ spe­zia­li­siert. Dabei geht es dar­um, vor allem an ver­ar­bei­te­ten Metal­len letz­te Unge­nau­ig­kei­ten und Gra­te zu besei­ti­gen, um Form­ge­nau­ig­keit zu gewähr­leis­ten und Ver­let­zungs­ri­si­ken zu ver­mei­den. Dafür wer­den die ent­spre­chen­den Maschi­nen und Werk­zeu­ge her­ge­stellt und Dienst­leis­tun­gen erbracht. Kun­den sind Fir­men im Maschi­nen­bau und der Medi­zin­tech­nik – und die Auto­mo­bil­in­dus­trie.

Das Unter­neh­men, das in Nür­tin­gen und an sie­ben Aus­lands­stand­or­ten ins­ge­samt 1.200 Men­schen beschäf­tigt, hat ein Inter­es­se am Erhalt des Ver­bren­nungs­mo­tors. Denn es bear­bei­tet und opti­miert die­se Moto­ren. Zugleich, so Geschäfts­füh­rer Bernd Nagel, sieht man die sich ver­än­dern­de Nach­fra­ge auf dem Welt­markt. Kli­ma­schutz und Luft­rein­hal­tung machen Ver­än­de­run­gen not­wen­dig. Aber, so eine der Sor­gen des Unter­neh­mens, das bat­te­rie­elek­tri­sche Auto erfor­dert weni­ger mensch­li­che Arbeits­kraft, da es aus deut­lich weni­ger Tei­len besteht. Daher rührt die Betei­li­gung an „Key­ou“.

„Key­ou“ setzt auf Was­ser­stoff-Antrieb

Das vor zwei Jah­ren gegrün­de­te Münch­ner Unter­neh­men mit inzwi­schen 14 Mitarbeiter/innen ent­wi­ckelt in Zusam­men­ar­beit mit Deutz einen Motor, der direkt durch Was­ser­stoff ange­trie­ben wird. Im Blick­punkt ste­hen zunächst Lkw und Bus­se. Seit eini­gen Mona­ten läuft ein sol­cher Motor auf dem Prüf­stand im Test­be­trieb – acht Stun­den jeden Tag. Im Jahr 2018 soll der Motor in ein Test­fahr­zeug ein­ge­baut wer­den und ab 2019 soll die seri­el­le Fer­ti­gung tech­no­lo­gisch mög­lich sein. Tho­mas Korn, Grün­der und Geschäfts­füh­rer des Start-up, erklärt die Vor­zü­ge der Idee so: Die Kun­den wol­len zuneh­mend sau­be­re Fahr­zeu­ge, aber nicht unbe­dingt einen voll­stän­di­gen Tech­no­lo­gie­wech­sel. Fahr­zeu­ge mit einem Was­ser­stoff-Antrieb nut­zen weit­ge­hend die Die­sel­tech­no­lo­gie und damit auch deren betrieb­li­che Zuver­läs­sig­keit, nut­zen aber Was­ser­stoff mit sei­nen „exzel­len­ten Brenn­ei­gen­schaf­ten“. Not­wen­dig sind nur gerin­ge Ände­run­gen, so am Zylin­der­kopf des Motors und am Tank. Auch ohne Abgas­nach­be­hand­lung, so Korn, lie­gen die Stick­oxid-Emis­sio­nen um 50 bis 75 Pro­zent unter den Vor­ga­ben für Euro­norm 6‑Nutzfahrzeuge. Die Emis­sio­nen kön­nen mit klei­nem Auf­wand mit­hil­fe eines Kata­ly­sa­tors wei­ter deut­lich gesenkt wer­den. Dadurch lie­gen die Inves­ti­ti­ons­kos­ten nur gering­fü­gig über denen von Die­sel­fahr­zeu­gen. Die Betan­kung ist in gleich kur­zer Zeit wie bei Die­sel- und Ben­zin­fahr­zeu­gen mög­lich. Der Wir­kungs­grad des Motors wird mit maxi­mal 44,1 Pro­zent ange­ge­ben und liegt damit über dem von Die­sel­mo­to­ren.

Von bat­te­rie­elek­tri­schen Fahr­zeu­gen sind Nagel und Korn nicht über­zeugt. Sie ver­wei­sen auf die Roh­stoff­pro­ble­ma­tik für die Her­stel­lung der Akkus und auf die Leis­tungs­ein­schrän­kun­gen im Nutz­fahr­zeug­be­reich (Reich­wei­te, deut­lich beschränk­te Lebens­zeit der Akkus, Platz­ver­brauch durch die Akkus). Die Devi­se lau­tet: Pro Ver­bren­nungs­mo­tor, aber weg vom Öl.

Woher kommt der Was­ser­stoff?

Was­ser­stoff wird auch heu­te schon indus­tri­ell und in gro­ßen Men­gen erzeugt, lei­der aber auf Basis von Erd­gas. Hier besteht Kon­sens: Das macht öko­lo­gisch kei­nen Sinn. „Key­ou“ ver­weist auf stei­gen­de Men­gen erneu­er­bar erzeug­ten Stroms und fal­len­de Strom­ge­ste­hungs­kos­ten, zugleich aber feh­len­de Spei­cher­mög­lich­kei­ten. Man setzt dar­auf, dass mit stei­gen­der Nach­fra­ge nach öko­lo­gisch sinn­voll pro­du­zier­tem Was­ser­stoff die dafür erfor­der­li­che Pro­duk­ti­ons­tech­no­lo­ge („power to gas“) ent­wi­ckelt wird.

Sowohl beim Umwelt­bun­des­amt als auch beim Öko­in­sti­tut – mit bei­den hat­te ich Kon­takt auf­ge­nom­men – lie­gen kei­ne aktu­el­len öko­lo­gi­schen Betrach­tun­gen der Was­ser­stoff­pro­duk­ti­on bzw. von Was­ser­stoff­fahr­zeu­gen vor. In einer Unter­su­chung aus dem Jahr 2013 ver­weist das Öko-Insti­tut einer­seits dar­auf, dass Was­ser­stoff im Ver­gleich zu ande­ren Kraft­stof­fen „Vor­tei­le in Bezug auf die Ener­gie­ef­fi­zi­enz, die zeit­li­che Fle­xi­bi­li­tät der Pro­duk­ti­on und die poten­ti­el­le Ver­füg­bar­keit“ auf­weist. Zugleich schreibt das Insti­tut, dass die Her­stel­lung und Nut­zung aller strom­ba­sier­ten Kraft­stof­fe mit „hohen elek­tri­schen Ener­gie­ver­lus­ten“ ver­bun­den sind. Der Wir­kungs­grad von der Erzeu­gung des ein­ge­setz­ten Ener­gie­trä­gers bis zur Umwand­lung in Bewe­gungs­en­er­gie wird beim Was­ser­stoff mit 50 bis 60 Pro­zent ange­ge­ben, bei bat­te­rie­elek­tri­schen Fahr­zeu­gen jedoch mit 85 bis 90 Pro­zent (Die­sel: 35 bis 45 Pro­zent). Daher sei, „so weit mög­lich“, der direk­te Ein­satz von Strom aus ener­ge­ti­scher Sicht ein­deu­tig zu bevor­zu­gen. Ein posi­ti­ver Kli­ma­ef­fekt sei „eher mit­tel- bis lang­fris­tig bei sehr hoher Strom­erzeu­gung aus rege­ne­ra­ti­ven Ener­gien zu erwar­ten.“