Update meiner Untersuchung aus 2018
Vor zwei Jahren habe ich mehrere Studien verglichen, um der Frage ob es einen Zusammenhang zwischen weniger Verkehr und mehr Lebensqualität gibt auf den Grund zu gehen. Hier mein Artikel vom 21.03.2018 https://www.matthias-gastel.de/weniger-autos-mehr-lebensqualitaet/. Jetzt habe ich den Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages gefragt, wie es in sechs beispielhaften Metropolen um Verkehr und Lebensqualität steht.
Für Kopenhagen, Zürich, Wien, Birmingham, New York und San Francisco habe ich einige Kennzahlen für den Modal Split und für die Lebensqualität nebeneinander gelegt. Vergleichbare Daten für Modal Split finden sich beim MIV-Anteil (Motorisierter Individualverkehr) und verlorenen Stunden im Stau. Lebensqualität-Rankings gibt es mehrere. Mit denen von Mercer und Numbeo habe ich mir zwei der renommiertesten angesehen.
Kopenhagen, Zürich und Wien haben unter den sechs untersuchten Städten einen verhältnismäßig geringen MIV-Anteil am Verkehr, das heißt im Umkehrschluss einen hohen Anteil im Umweltverbund. In diesen drei Städten gibt es auch weniger verlorene Stunden im Stau. Bei Mercer finden sich diese drei Städte unter den Top 10 für sehr hohe Lebensqualität. Bei Numeo liegen finden sich für die Lebensqualität ebenfalls Spitzenwerte mit Werten von 186 bis 201. In Birmingham, New York und San Francisco sieht es hingegen nicht ganz so gut aus. Der Anteil des MIV und die verlorenen Stunden im Stau sind hier signifikant höher und diese Städte haben nach westlichen Standards gesehen insgesamt eine eher mittlere Lebensqualität (Mercer Plätze 34 bis 49, Numeo Werte von 151 bis 167). Lediglich der Modal-Split-Anteil des MIV liegt in New York etwas unter dem von Kopenhagen, was jedoch mit der sehr unterschiedlichen Stadtgröße erklärbar ist. Der MIV-Anteil sinkt zwangsläufig nach Stadtgröße.
Das Ergebnis ist wenig überraschend: Weniger Verkehr bedeutet in der Regel mehr Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum, mehr sozialen Zusammenhalt, weniger Lärm und bessere Luft. Und Menschen, die den Umweltverbund nutzen bekommen mehr natürliche Bewegung, sei es auf dem Rad oder zu Fuß auf kurzen Wegen oder zur nächsten ÖPNV-Haltestelle. Das fördert die Gesundheit und das Wohlbefinden.
Ich hatte den Wissenschaftlichen Dienst ebenfalls gefragt, wie sich der Einzelhandel und Gastronomie in den sechs Städten entwickelt. Ich wollte wissen, ob – wie es bisweilen behauptet wird – der Einzelhandel in Innenstädten leidet, wenn dort der Autoverkehr deutlich reduziert wird. Leider habe ich hier keine vergleichbaren Daten für die sechs Städte bekommen, bleibe aber an dieser in der Verkehrswende-Diskussion sehr wichtigen Frage dran. Zur fehlenden Vergleichbarkeit der Daten, die Städte in diesen Branchen erheben, kommt hinzu, dass sich der Handel gerade aufgrund der Verlagerung hin zu Online-Angeboten in einem starken Umbruch befindet. Ich gehe davon aus, dass der stationäre Handel und die Gastronomie in Städten mit lebendigem Straßenleben bessere Überlebenschancen haben,. Solche Städte dürften also doppelt gut auf die Zukunft vorbereitet sein und in den Lebensqualitäts-Rankings auch künftig auf den Spitzenplätzen zu finden sein.