Presseerklärung vom 04.12.2015
Zur heutigen Abstimmung im Bundestag über den Einsatz der Bundeswehr zur Bekämpfung der Terrororganisation „ISIS“ erklärt der Bundestagsabgeordnete Matthias Gastel (Bündnis 90/Die Grünen):
„Notwendige Bedingungen für erfolgversprechenden Bundeswehreinsatz gegen den Terror fehlen“
Angesichts der unübersichtlichen Gemengelage, des unklaren Auftrages und einer fehlenden Strategie habe ich gegen die Entsendung von rund 1.200 Bundeswehrsoldatinnen und –soldaten gestimmt. Meine Kritik beginnt daran, dass schon das Einsatzgebiet nicht klar definiert ist. Es soll sich, so heißt es im Mandat, „vorrangig auf Syrien sowie auf dem Territorialgebiet von Staaten, von denen eine Genehmigung der jeweiligen Regierung vorliegt, sowie im Seegebiet östliches Mittelmeer, Persischer Golf, Rotes Meer und angrenzende Seegebiete“ erstrecken. Ob dieser Einsatz völkerrechtlich legitimiert ist, ist strittig. Für mich noch viel mehr entscheidend sind jedoch ohnehin politische Fragen: Welche Ziele werden verfolgt? Welche der beteiligten Staaten bzw. Gruppen unterstützen diese Ziele? Welche Rolle spielen Assad und die syrische Armee? Diese Frage ist mir besonders wichtig. Denn Assad, der seine eigene Bevölkerung bombardiert und hunderttausende von Menschen in die Flucht treibt, darf nach meiner Überzeugung auf keinen Fall gestärkt werden! Die Verteidigungsministerin schloss jedoch eine Beteiligung der Regierungsarmee am Militärbündnis gegen ISIS nicht aus. Eine weitere unbeantwortete Frage lautet: Welche Rolle spielen die Türkei und Russland? Ist sichergestellt, dass beide Mächte ihr militärisches Engagement auf die Bekämpfung von ISIS beschränken und nicht weiterhin auch die Kurden bzw. die Rebellen bekämpfen? Ohne einen deutlichen Strategiewechsel dieser beiden Länder werden die ISIS-Terroristen und Assad gestärkt anstatt zurückgedrängt.
Auch ich sehe, dass sich der Terror durch ISIS nicht alleine politisch wird stoppen lassen. Aber alleine mit dieser Erkenntnis und mit der Solidarität mit Frankreich kann eine militärische Beteiligung der Bundeswehr nicht gerechtfertigt werden. Zuvor bedarf es einer Klärung drängender Fragen, um dem militärischen Einsatz die Chance für einen Erfolg zu verschaffen. Eine wesentliche Lehre aus Afghanistan ist für mich, dass eine politische Strategie gefehlt hat. Es gab keine Vorstellung darüber, was auf die Herrschaft der Taliban folgen sollte. Daher kehrte die Taliban zurück und die Sicherheits- sowie Menschenrechtslage ist heute wieder desaströs. Dieser Fehler darf sich in Syrien nicht wiederholen! Deshalb halte ich das überstürzt erteilte Mandat durch den Bundestag für einen Fehler. Es hätte mehr Zeit bedurft, um die vielen Fragen zumindest weitgehend zu klären und eine gemeinsame Strategie unter Beteiligung Russlands und der Türkei zu entwickeln. Dass es noch nicht einmal einen Konsens darüber gibt, dass Waffenlieferungen in die Krisenregion gestoppt werden müssen, zeigt, wie weit weg eine gemeinsame Strategie ist, um den Terror zu stoppen. Für eine militärische Beteiligung der Bundeswehr sehe ich die beschriebenen notwendigen Bedingungen als nicht erfüllt an. Daher habe ich mit „Nein“ gestimmt.