Wie weiter mit Breisgau-S-Bahn, Donau- und Bodenseebahn?

Vor weni­gen Wochen hat­te ich mich im öffent­li­chen Gesprächs­for­mat mit der Fran­ken­bahn und Tau­ber­tal­bahn befasst. Sie­he https://www.matthias-gastel.de/frankenbahn-und-taubertalbahn-herausforderungen-loesungen/ Nun, in die­ser wei­te­ren Ver­an­stal­tung, spra­chen wir über die drei in Ost-West-Rich­tung ver­lau­fen­den Breis­gau-S-Bahn, die Donau­tal- und die Boden­see­gür­tel­bahn. Unser Exper­te war wie­der Mat­thi­as Lieb, Qua­li­täts­an­walt für die Fahr­gäs­te in Baden-Würt­tem­berg. Herr Lieb ist Wirt­schafts­ma­the­ma­ti­ker, war lan­ge Jah­re Lan­des­vor­sit­zen­der des Ver­kehrs­club Deutsch­land (VCD) und bringt Erfah­run­gen aus dem Fahr­gast­bei­rat Baden-Würt­tem­berg mit. Ange­sie­delt ist die zunächst auf drei Jah­re vor­ge­se­he­ne Tätig­keit per Bera­ter­ver­trag bei der Nah­ver­kehrs­ge­sell­schaft des Lan­des. Sei­ne Auf­ga­be beschreibt er so: „Mei­ne Auf­ga­be ist es, die Sicht der Fahr­gäs­te in die Dis­kus­si­on ein­zu­brin­gen und den Fin­ger in die Wun­de zu legen.“[1] Dazu wer­tet er Fahr­gast­be­schwer­den aus und unter­nimmt Test­fahr­ten. Eini­ge Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen aus mei­nen Lokal­ter­mi­nen ent­lang der Stre­cken und aus der Kom­mu­ni­ka­ti­on mit der Deut­schen Bahn sowie Inhal­te aus dem Dia­log mit Herrn Lieb gebe ich hier wie­der.

Breis­gau-S-Bahn

Die Stre­cke führt von Brei­sach über Frei­burg durch den Schwarz­wald nach Donau­eschin­gen und Vil­lin­gen. Es fährt DB Regio. Im 2. Halb­jahr erreich­te das Netz Platz 13 von ins­ge­samt 32 Plät­zen im Qua­li­täts­ran­king des Lan­des. In den Halb­jah­ren zuvor beleg­te es Plät­ze zwi­schen 9 und 14, ein­mal aber auch Platz 23. Die Pünkt­lich­keit lag bei 91 Pro­zent. Zu wün­schen übrig ließ vor allem die Zug­ka­pa­zi­tät. Die Stre­cke, die vor eini­gen Jah­ren aus­ge­baut wur­de (Elek­tri­fi­zie­rung, neue Begeg­nungs­ab­schnit­te) erwies sich als unzu­rei­chend für ehr­gei­zi­ge Fahr­plä­ne. Die­se muss­ten dar­auf­hin wie­der ange­passt wer­den. Sie­he dazu https://www.matthias-gastel.de/wie-gehts-weiter-mit-der-breisgau-s-bahn/

Mat­thi­as Lieb ver­wies auf das ursprüng­li­che Kon­zept, das nicht funk­tio­niert hat­te und damit eher für die Theo­rie als für ver­spä­tungs­an­fäl­li­ge ein­glei­si­ge Stre­cken gedacht gewe­sen sein konn­te. So feh­len bis heu­te wich­ti­ge Kreu­zungs­bahn­hö­fe bzw. zwei­glei­si­ge Abschnit­te, wie bei­spiels­wei­se in bei der Sta­ti­on „Frei­burg Kli­ni­kum“. Infra­struk­tur, so Lieb, muss dazu geeig­net sein, Ver­spä­tun­gen abzu­bau­en statt sie in der betrieb­li­chen Pra­xis auf­zu­bau­en. Das Ziel­kon­zept des Lan­des wird zudem durch den aus­ste­hen­den Aus­bau der Rhein­tal­bahn aus­ge­bremst. Er ging auch auf die Fahr­zeug­pro­ble­me und die damit ver­bun­de­ne Min­der­ka­pa­zi­tät ein. Auf­grund der hohen Abnut­zung der Rad­sät­ze müs­sen die Züge häu­fi­ger in die Werk­statt und feh­len dann im Betrieb. Momen­tan läuft der Betrieb sta­bil, was es zu ver­ste­ti­gen gilt.

Donau­tal­bahn

Das Netz umfasst unter ande­rem die ein­glei­si­ge und nicht elek­tri­fi­zier­te Stre­cke zwi­schen Vil­lin­gen und Ulm, führt aber auch nach Basel und Tübin­gen. Es belegt im Qua­li­täts­ran­king Platz 23 (von 32) und schnei­det ähn­lich oder bes­ser ab als in den Halb­jah­ren zuvor (Plät­ze zwi­schen 22 und 27). Die Pünkt­lich­keit ist zuletzt deut­lich auf nur noch 75 Pro­zent ein­ge­bro­chen.

„Hier ist die Moder­ni­sie­rung der Infra­struk­tur vor 100 Jah­ren ste­hen geblie­ben“, lei­te­te Mat­thi­as Lieb sei­nen Vor­trag zur Donau­tal­bahn ein. Obwohl es sich um eine wich­ti­ge Ost-West-Ach­se han­delt, kann teil­wei­se nur mit 60 Stun­den­ki­lo­me­ter gefah­ren wer­den. Drin­gen­den Moder­ni­sie­rungs­be­darf sieht er bei den Stell­wer­ken. Die Lang­sam­fahr­stel­len zei­gen über­dies den unzu­rei­chen­den Zustand des Ober­baus und der Glei­se auf. All dies lässt nicht immer den Lan­des­stan­dard (min­des­tens Stun­den­takt) zu.

Zu den Stell­wer­ken ist zu ergän­zen: In Her­ber­tin­gen wird ein neu­es elek­tro­ni­sches Stell­werk gebaut. Die­ses ist die Vor­aus­set­zung für einen par­ti­ell zwei­glei­si­gen Aus­bau zwi­schen Men­gen und Her­ber­tin­gen. Wei­ter­füh­ren­de Info: https://www.matthias-gastel.de/donautalbahn-neues-stellwerk-in-herbertingen/ Aktu­el­ler Sach­stand: Die Inbe­trieb­nah­me soll wei­ter­hin im Okto­ber 2025 erfol­gen. Der­zeit wer­den hier­für die not­wen­di­gen Signa­le gebaut.

Boden­see­gür­tel­bahn

Die Boden­see­gür­tel­bahn führt von Lin­dau nach Radolf­zell (ohne durch­ge­hen­de Ver­bin­dun­gen) schnei­det von den drei Stre­cken mit Platz 28 (von 32) am schlech­tes­ten ab. Die Pünkt­lich­keit lag im 2. Halb­jahr 2023 nur bei 81 Pro­zent. In den Halb­jah­ren zuvor hat­te die­se stark zwi­schen 76 und 89 Pro­zent geschwankt. Die bereit­ge­stell­te Zug­ka­pa­zi­tät war zuletzt deut­lich abge­fal­len und beweg­te sich auf einem schlech­ten Niveau. Die Stre­cke ist ein­glei­sig und im Abschnitt zwi­schen Fried­richs­ha­fen und Lin­dau seit eini­gen Jah­ren elek­tri­fi­ziert.

Auch hier wie­der die Tech­nik: Mat­thi­as Lieb sprach von „Uralt-Tech­nik“ ent­lang die­ser Rela­ti­on. Die Züge fah­ren, so Lieb, in Fried­richs­ha­fen schon mit einer durch­schnitt­li­chen Ver­spä­tung in Rich­tung Radolf­zell ab. Ver­spä­tun­gen schau­keln sich auf der ein­glei­si­gen Stre­cke schnell auf. Das Land prüft daher wei­te­re klei­ne Fahr­pla­n­an­pas­sun­gen zur Ver­bes­se­rung der Pünkt­lich­keit. Auf Nach­fra­ge aus dem Publi­kum ver­wies Lieb dar­auf, dass mit der Inbe­trieb­nah­me von Stutt­gart 21 der RE 5 von Stuttgart/Ulm kom­mend wie­der nach Lin­dau durch­fah­ren soll, statt in Fried­richs­ha­fen zu enden.