Das europäische Zugsteuerungssystem ETCS wird als Beitrag zur Lösung der Kapazitätsengpässe im Netz der Stuttgarter S‑Bahnen diskutiert. Auf dem Abschnitt zwischen Renningen und Weil der Stadt könnte die Technik erstmals im Bereich des Schienennahverkehrs erprobt werden. Ein entsprechender Förderantrag wurde beim Bund eingereicht.
Presseerklärung vom 23.01.2017
Förderantrag für ETCS-Erprobung im Stuttgarter S‑Bahn-Netz eingereicht
Zwischen Renningen und Weil der Stadt könnte Referenzstrecke entstehen
Nach Informationen des Bundestagsabgeordneten Matthias Gastel (Grüne, Filderstadt) hat das in Ditzingen (Landkreis Ludwigsburg) ansässige Technologieunternehmen Thales beim Bund einen Förderantrag für die Erprobung des europäischen Zugsteuerungssystems ETCS im Bereich der Stuttgarter S‑Bahn eingereicht. Bereits vor zwei Jahren hatte die Uni Stuttgart mit einer Studie aufgezeigt, dass sich durch diese ursprünglich für den Hochgeschwindigkeitsverkehr entwickelte Technologie die Leistungsfähigkeit des S‑Bahn-Netzes erhöhen und die Betriebsqualität verbessern lassen kann. Was in der Theorie funktioniert, soll nun auf einem Abschnitt der S‑Bahn in der Praxis erprobt werden. Thales möchte – die Genehmigung und Finanzierung vorausgesetzt – noch in diesem Jahr mit dem Versuch starten. Nach zweieinhalb Jahren soll dann feststehen, ob sich der Betrieb der S‑Bahn dadurch tatsächlich stabilisieren lässt und sich die Realisierung auf der stark überlasteten Stammstrecke anbietet. Als Versuchsstrecke hat Thales den Abschnitt zwischen Renningen und Weil der Stadt ausgeschaut. Die Gesamtkosten für die Praxiserprobung hat das Unternehmen auf 2,6 Millionen Euro kalkuliert. Thales würde davon selber rund eine Millionen Euro übernehmen. Die Finanzierung eines Großteils des Restbetrages soll vom Bund kommen. Matthias Gastel, der dem Bundestags-Verkehrsausschuss angehört und zu dessen Schwerpunkt die Bahnpolitik zählt, hatte bereits vor einigen Wochen ein vorsichtig optimistisches Signal der Bundesregierung erhalten. „Die Bundesregierung begrüßt die Erprobung von ETCS Level 2 für den Einsatz bei deutschen S‑Bahnsystemen“, so die Antwort auf eine Anfrage des Abgeordneten. Inwieweit der stark frequentierte und teilweise eingleisige Abschnitt zwischen Renningen und Weil der Stadt für das Forschungsprojekt geeignet sei, konnte die Bundesregierung damals aber noch nicht beurteilen. Inzwischen wurde der offizielle Förderantrag beim Bund eingereicht. Matthias Gastel appellierte an den Bund, diesen schnell und wohlwollend zu prüfen. „Denn von den Ergebnissen einer solchen Erprobung profitieren in Deutschland bis zu fünf großstädtische S‑Bahn-Netze, darunter das in Stuttgart. Sie alle leiden unter Kapazitätsengpässen und die Fahrgäste klagen über zu viele Verspätungen. Sogar die kommunalen Stadtbahnverkehre können möglicherweise durch die Erkenntnisse gewinnen.“
Der Abgeordnete wird sich, nachdem nun der Förderantrag eingereicht wurde, erneut bei der Bundesregierung nach deren Einschätzung erkundigen.