Wohnung gegen BahnCard getauscht
„Tausche Wohnung gegen BahnCard“. So lautet der Titel eines Buches von Leonie Müller, die tatsächlich ihren festen Wohnsitz aufgab und viel Zeit in Zügen lebte. Ich habe mich mit ihr in Stuttgart getroffen. Sie, 26 Jahre jung, Studentin – und Reisende, reiste selbstverständlich mit dem Zug an und nach unserem Gespräch mit dem Zug ab.
Ihr Selbstversuch, wie es sich anfühlt, aus der Wohnung aus- und in die Züge einzuziehen traf medial (und auch bei mir) auf großes Interesse. Das Buch entstand über eineinhalb Jahre. Auslöser war ein Streit mit der Vermieterin, wegen dem sie nicht mehr länger in dieser Wohnung leben wollte. Zunächst war das Leben in Zügen eine Juxidee. Aufgrund von Zeitungsberichten wurde ein Verlag auf Leonie Müller aufmerksam und so entstand die Idee zum Buch.
Meist reiste (und reist) Müller tagsüber und nutzte die Zeit zum Arbeiten fürs Studium – und später zum Schreiben des Buches. Die Nächte verbrachte sie bei Bekannten oder ihrem Partner, teilweise aber auch im Zug, bisweilen im Nachtzug. Im Zug bevorzugt Müller die Abteile, in denen es sich, quer über drei Sitze liegend, auch schlafen lässt. Manchmal gab es konkrete Anlässe für die Fahrten, so die verstreut über die Republik verstreute Verwandtschaft, manchmal dienten die Reisen auch einfach der Arbeit, den Gesprächen mit Mitreisenden – und dem Erkenntnisgewinn. An der Bahn schätzt Leonie Müller die Flexibilität und den – im Vergleich zum Flugzeug – einfachen Zugang. Auch die Möglichkeit, die Zeit sinnvoll nutzen und sich während der Fahrt die Beine vertreten und das Bistro aufsuchen zu können sind aus ihrer Sicht klare Pluspunkte für die Bahn.
Verspätungen der Züge hat sie selbstverständlich auch erlebt. Dabei lernte sie die beiden Reisendengruppen der „Geübten“ und „Ungeübten“ erkennen. Fluchen über Zugausfälle und Verspätungen hören kann man zwar beide. Erstere kann damit aber besser umgehen.
Im Mai ist das Buch erschienen. Neben ihrem Masterstudium ist Müller zu Buchvorstellungen und Vorträgen über Mobilitätsthemen unterwegs. Dabei geht es auch um neue Arbeitsformen in der mobilen Gesellschaft und das moderne Mobilitätsverständnis.