Wohnen in vollen Zügen

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23.10.2018

Wohnung gegen BahnCard getauscht

„Tau­sche Woh­nung gegen Bahn­Card“. So lau­tet der Titel eines Buches von Leo­nie Mül­ler, die tat­säch­lich ihren fes­ten Wohn­sitz auf­gab und viel Zeit in Zügen leb­te. Ich habe mich mit ihr in Stutt­gart getrof­fen. Sie, 26 Jah­re jung, Stu­den­tin – und Rei­sen­de, reis­te selbst­ver­ständ­lich mit dem Zug an und nach unse­rem Gespräch mit dem Zug ab.

Ihr Selbst­ver­such, wie es sich anfühlt, aus der Woh­nung aus- und in die Züge ein­zu­zie­hen traf medi­al (und auch bei mir) auf gro­ßes Inter­es­se. Das Buch ent­stand über ein­ein­halb Jah­re. Aus­lö­ser war ein Streit mit der Ver­mie­te­rin, wegen dem sie nicht mehr län­ger in die­ser Woh­nung leben woll­te. Zunächst war das Leben in Zügen eine Juxidee. Auf­grund von Zei­tungs­be­rich­ten wur­de ein Ver­lag auf Leo­nie Mül­ler auf­merk­sam und so ent­stand die Idee zum Buch.

Meist reis­te (und reist) Mül­ler tags­über und nutz­te die Zeit zum Arbei­ten fürs Stu­di­um – und spä­ter zum Schrei­ben des Buches. Die Näch­te ver­brach­te sie bei Bekann­ten oder ihrem Part­ner, teil­wei­se aber auch im Zug, bis­wei­len im Nacht­zug. Im Zug bevor­zugt Mül­ler die Abtei­le, in denen es sich, quer über drei Sit­ze lie­gend, auch schla­fen lässt. Manch­mal gab es kon­kre­te Anläs­se für die Fahr­ten, so die ver­streut über die Repu­blik ver­streu­te Ver­wandt­schaft, manch­mal dien­ten die Rei­sen auch ein­fach der Arbeit, den Gesprä­chen mit Mit­rei­sen­den – und dem Erkennt­nis­ge­winn. An der Bahn schätzt Leo­nie Mül­ler die Fle­xi­bi­li­tät und den – im Ver­gleich zum Flug­zeug – ein­fa­chen Zugang. Auch die Mög­lich­keit, die Zeit sinn­voll nut­zen und sich wäh­rend der Fahrt die Bei­ne ver­tre­ten und das Bis­tro auf­su­chen zu kön­nen sind aus ihrer Sicht kla­re Plus­punk­te für die Bahn.

Ver­spä­tun­gen der Züge hat sie selbst­ver­ständ­lich auch erlebt. Dabei lern­te sie die bei­den Rei­sen­den­grup­pen der „Geüb­ten“ und „Unge­üb­ten“ erken­nen. Flu­chen über Zug­aus­fäl­le und Ver­spä­tun­gen hören kann man zwar bei­de. Ers­te­re kann damit aber bes­ser umge­hen.

Im Mai ist das Buch erschie­nen. Neben ihrem Mas­ter­stu­di­um ist Mül­ler zu Buch­vor­stel­lun­gen und Vor­trä­gen über Mobi­li­täts­the­men unter­wegs. Dabei geht es auch um neue Arbeits­for­men in der mobi­len Gesell­schaft und das moder­ne Mobi­li­täts­ver­ständ­nis.